Datenschutz
Videoüberwachung als «Dauerthema»: Das beschäftigte die kantonale Fachstelle 2018

Über 300 Anfragen erhielt die kantonale Fachstelle für Datenschutz vergangenes Jahr. Diese Anzahl ist einmal mehr angestiegen. Behörden und Personen seien heute sensibilisierter, so die Datenschutzbeauftragte Judith Petermann. Jedoch nicht nicht in allen Bereichen.

Noëlle Karpf
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Alte, sensible Daten müssen laut Gesetz gelöscht werden: Darauf seien Behörden aber noch zu wenig sensibilisiert, so die Datenschutzbeauftragte.

Alte, sensible Daten müssen laut Gesetz gelöscht werden: Darauf seien Behörden aber noch zu wenig sensibilisiert, so die Datenschutzbeauftragte.

KEYSTONE/NICK SOLAND

Darf das Fernsehen an der Gemeindeversammlung filmen? Darf die Gemeinde einer adoptierten Person sagen, wer ihre Eltern sind? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Judith Petermann. Sie ist beim Kanton zuständig für Fragen aus dem Bereich Datenschutz. Und das gibt zu tun: 2018 gab es 311 Anfragen. Darunter die beiden eingangs gestellten Fragen.

Um diese gleich zu beantworten: Ja, das Fernsehen darf an der Gemeindeversammlung filmen. Und: Eine adoptierte Person kann beim Kanton ein Gesuch stellen, um herauszufinden, wer ihre leiblichen Eltern sind, der Kanton klärt dieses dann ab.

Die meisten Anfragen klären Petermann und ihr Team innert einer Stunde, für andere brauchen sie mehr als einen Tag Zeit. Und: Die Anzahl Anfragen steigt; im Vorjahr waren es noch 241 gewesen. Dies könne nicht nur daran liegen, dass mehr Leute von der Datenschutzbeauftragten wissen, meint Petermann.

Hier sind Behörden noch «zu wenig sensibilisiert»

Die Datenschutzbeauftragte Judith Petermann ist im Kanton auch für Kontrollen zuständig. Sie hat sich 2018 Firmen angesehen, welche im Auftrag des Kantons Solothurn mit Solothurner Daten arbeiten. Daten an Dritte lagern etwa das Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen, die Volksschule und die Solothurner Spitäler AG aus.

Den Makel, den Petermann dabei in allen Fällen feststellte: Daten werden nicht konsequent gelöscht. Dabei müssen Daten, welche nicht mehr gebraucht werden, laut Gesetz gelöscht werden.

Beim Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen ging es etwa um Daten von Prüfungsnoten oder Stipendien. Die Volksschule lässt eine Drittfirma die Ergebnisse von Leistungschecks der Schülerinnen und Schüler sammeln. Bei der Solothurner Spitäler AG ist eine Drittfirma für das Ausdrucken und den Briefversand von medizinischen Berichten zuständig. Die Datenschutzbeauftragte empfahl in den Fällen, ein Löschkonzept zu erstellen und Löschfristen vertraglich zu regeln.

Sollte es im Jahr 2018 nicht selbstverständlich sein, dass man ein Konzept dafür hat, wie man mit sensiblen Daten umgeht? «Das Löschen von Daten ist oft gar nicht so einfach, wie man sich dies vorstellt», kommentiert Petermann. Es brauche genauste Konzepte dazu. «Grundsätzlich ist es aber schon so, dass die Behörden in diesem Bereich noch wenig sensibilisiert sind.» Dies gelte auch in Bezug auf die Pflicht, die Daten dem Staatsarchiv anzubieten. (nka)

Denn: Die Anfragen von Behörden und Privatpersonen hätten gleichermassen zugenommen. Rund zwei Drittel der Anfragen kamen von Behörden, der Rest von Privatpersonen. «Möglicherweise liegt es daran, dass die Sensibilität zum Thema Datenschutz grundsätzlich gestiegen ist, und dies sowohl in der Bevölkerung wie auch bei den Behörden.» Einen Einfluss darauf habe eventuell auch die Datenschutzentwicklung im EU-Raum gehabt, wo erst vergangenes Jahr die EU-Datenschutzgrundverordnung eingeführt worden ist.

Die Datenschutzbeauftragte hat also immer mehr Arbeit. Worin genau diese besteht, zeigt der Blick in den nun veröffentlichten Tätigkeitsbericht 2018.

Ärger über Videoüberwachung

In 85 Prozent der Anfragen ging es um Datenschutzthemen. So informierte sie 2018 etwa darüber, dass eine Person nach abgelaufener Frist verlangen darf, dass die Gemeinde ein einst öffentliches Baugesuch vom Internet nimmt. Oder, dass Lehrpersonen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Auskunft über Kinder und Eltern geben müssen.

Einen wirklichen Schwerpunkt bei den Anfragen gab es nicht. Dafür taucht ein Thema immer wieder auf: «Videoüberwachungen sind ein Dauerthema», so Petermann. Meist ging es um die Überwachung von Privatpersonen – etwa wenn die Nachbarn Kameras verwenden. Nur ist die Datenschutzbeauftragte dafür gar nicht direkt zuständig. Hier gilt nämlich Bundesgesetz. Wenn sich etwa Nachbarn bei Petermann melden, verweist sie auf Merkblätter des eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. «Wir stellen aber fest, dass sich viele Personen über die zunehmenden Videoüberwachungen ärgern», weiss Petermann aus den
Anfragen.

In rund 15 Prozent der Fälle geht es bei der kantonalen Fachstelle um das Öffentlichkeitsgesetz, welches Medien aber auch Privatpersonen Einblicke in die Verwaltung gewährleistet. Privatpersonen interessieren sich jeweils dafür, ob und wie sie Zugang zu gewissen Dokumenten erhalten – die Behörden auf der anderen Seite wollen sichergehen, ob sie den Zugang wirklich gewähren müssen.

Einigen sich Private und Behörden nicht, leitet Petermann ein Schlichtungsverfahren ein. Vergangenes Jahr gab es deren vier. Eines davon strebte auch diese Zeitung an. Es ging um die Frage nach der höchsten Lohnzahlung bei den Solothurner Spitäler. Nach dem Verfahren empfahl Petermann den Solothurner Spitäler, diese offenzulegen – was dann auch geschah.

Mehraufwand: Digitalisierung

94 Prozent der Anfragen konnte die Fachstelle innert 14 Tagen beantworten. «Das vergangene Jahr hat einen markanten Zuwachs bei den Anfragen gezeigt. Ob sich dieser Trend 2019 fortsetzt, ist derzeit schwierig zu beurteilen», kommt Petermann noch einmal auf den Anstieg der Arbeit zu sprechen. Vor allem auch die fortschreitende Digitalisierung würde mehr Beratungen und Kontrollen auslösen. Stellt sich die Frage, ob 280 Stellenprozent ausreichen, die Arbeit zu erledigen. Man werde das im Auge behalten, so Petermann, und nötigenfalls mehr Ressourcen beantragen.

Die Meinung der Datenschutzbeauftragten war 2018 nämlich auch dann gefragt, als der Kanton eine Mitarbeitendenbefragung durchführte. Petermann stellte sicher, dass aufgrund der Antworten keine Rückschlüsse auf die Mitarbeitenden gezogen werden konnten. Bei der Einführung des Krebsregisters veranlasste sie, dass Betroffene jeweils darüber informiert werden, dass ihre Daten in das Register aufgenommen werden – und sich auch wehren können.