Flumenthal/Deitingen
Verwaltungsgericht lehnt Einsprachen ab: Wird das Bundesasylzentrum bald realisiert?

Das Bundesasylzentrum bei Flumenthal/Deitingen ist ein Schritt näher an der Realisierung. Das Verwaltungsgericht hat Beschwerden von Anwohnern abgewiesen.

Lucien Fluri
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Beim Gefängnis (vorne r.) soll das Asylzentrum gebaut werden. Das Gebiet gehört zu Flumenthal. Auswirkungen fürchten aber die Bewohner des Deitinger Schachens, die zwischen der Autobahnraststätte Silberkugel und dem Dorf wohnen.

Beim Gefängnis (vorne r.) soll das Asylzentrum gebaut werden. Das Gebiet gehört zu Flumenthal. Auswirkungen fürchten aber die Bewohner des Deitinger Schachens, die zwischen der Autobahnraststätte Silberkugel und dem Dorf wohnen.

Flugaufnahme Peter Brotschi

Gerade noch rechtzeitig kam das Urteil des Solothurner Verwaltungsgerichtes für die Behörden von Bund und Kanton. Am 19. Dezember nämlich hat das Gericht die Beschwerden gegen das geplante Bundesasylzentrum im Schachen bei Deitingen/Flumenthal abgelehnt, wie das nun veröffentlichte Urteil zeigt. Damit ist das Zentrum, in dem ab 2019 rund 250 Asylsuchende mit abgelehnten Gesuchen untergebracht werden sollen (vgl. Kasten unten), der Realisierung einen grossen Schritt näher.

550 Meter Luftlinie wohnt der nächstgelegene Einsprecher vom geplanten Zentrum entfernt. «Das ist eindeutig zu weit weg, um von allfälligen Immissionen betroffen zu sein. Es wird sich auch kaum je ein Asylbewerber in die Quartiere der Beschwerdeführer ‹verirren›», schreibt das Gericht und spricht deshalb den neun Einsprechern die Legitimation zur Beschwerde ab. Schliesslich lägen noch der Russbach und die Autobahn zwischen den Häusern und dem geplanten Zenturm. «Eine direkte Wegverbindung besteht nicht. Die Distanz und der Autobahnlärm werden verhindern, dass irgendwelche Immissionen aus dem Zentrum zu diesem Haus gelangen», so das Gericht weiter. «Es ist nicht ersichtlich, welchen persönlichen praktischen Nutzen die einzelnen Beschwerdeführer hätten, wenn sie das Zentrum erfolgreich verhindern könnten. Materielle Immissionen (Lärm, Staub, Gerüche, Erschütterungen) werden ja gar keine geltend gemacht.»

Gericht kann und will nicht aufgrund von Vorurteilen urteilen

In Deitingen war immer wieder vorgebracht worden, dass der Schachen mit dem Gefängnis, dem geplanten Untersuchungsgefängnis, der Erweiterung der Autobahn und einem möglichen LKW-Ausstellplatz bereits genug gefordert sei. Für das Gericht ist dieses Argument kein Hinderungsgrund, auch noch das Asylzentrum zu bauen. «Dies zumal, abgesehen von der A1, keine Lärmimmissionen vorbestehen oder zu erwarten sind.»

Auf weitere Forderungen der Beschwerdeführer tritt das Gericht nicht ein. Es sei nicht möglich, Auflagen zu machen wie etwa die Autobahnbrücke zu sperren oder einen Sicherheitsdienst am Bahnhof einzuführen, halten die Richter fest.

Auch ein Rayonverbot könne nicht generell ausgesprochen werden, sondern sei «nur im konkreten Einzelfall» möglich. Das sei dann aber «Sache des Migrationsamtes und nicht der Baubehörde.» Ebenso sei die Kantonspolizei für die öffentliche Sicherheit zuständig «und nicht die Baubehörde.» Oder anders formuliert: «Es kann keine Baubewilligung mit der Begründung verweigert werden, künftige Bewohner seien ‹sicher kriminell›.» Dabei, mahnen die Richter die Einsprecher, gehe es nicht an, «dass man den künftigen Bewohnern des Zentrums pauschal und unsubstantiiert, im Voraus vorsorglich unterstellt, sie würden sich ohnedies nicht an Gesetze und gesellschaftliche Normen halten», so das Gericht weiter.

«Es wird keine Probleme geben», sagen die Richter

Das Gericht äussert in seinem Urteil «zwar durchaus ein gewisses Verständnis» für die Befürchtungen der Beschwerdeführer.» Diese fegen die Richter jedoch mit einem – vielleicht doch etwas gewagten – Blick in die Kristallkugel vom Tisch: «Indessen werden sich aus dem Zentrum kaum Probleme ergeben, sobald sich der Betrieb eingespielt hat», urteilt das Gericht heute schon. Schliesslich werde die Anlage eingezäunt und während 24 Stunden besteht ein Sicherheitsdienst. «Wer den Betrieb erheblich stört, kann in ein besonderes Zentrum verlegt werden.» Die Asylsuchenden müssten zudem Hausarbeit leisten, es gebe Beschäftigungsprogramme und für den Ausgang brauche es eine Bewilligung. Täglich kann das Zentrum von 9 bis 17 Uhr verlassen werden, an den Wochenenden bis 19 Uhr.

Nicht zuletzt sieht das Gericht auch «ein eminentes öffentliches Interesse an der Erstellung» von Bundesasylzentren, um die Asylverfahren künftig rascher Durchführen zu können. Wie Radio 32 berichtet hat, ist allerdings noch eine Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht hängig, die die Gemeinde Deitingen mit weiteren Klägern eingereicht hat.

250 Plätze im Schachen

Der Bund will die Asylverfahren beschleunigen. Dazu braucht es eine neue Infrastruktur: In sechs Verfahrensregionen der Schweiz entstehen je bis zu vier Bundesasylzentren. In der Nordwestschweiz werden Plätze für bis zu 840 Personen gebaut. Im Schachen bei Deitingen soll ein Zentrum für bis zu 250 Personen entstehen und Personen beherbergen, die die Schweiz rasch verlassen sollen. Klar ist auch ein Standort in Basel-Stadt. Unklar ist ein weiterer Standort in Baselland oder im Aargau. Wenn ein Kanton ein Bundeszentrum hat, wird er bei der Zuteilung der Asylsuchenden entlastet. Gebaut wird das Zentrum bei Deitingen auf Boden der Gemeinde Flumenthal. Diese, bzw. deren Baukommission war denn auch für das Baugesuch zuständig.