Ein Lenker aus der Region Olten verbreitete seinen Exzess auf Social Media – das Bundesgericht bestätigt nun seine Ausweisung in die Türkei.
Knapp zwei Minuten dauert das Video. Es dokumentiert eine rasante Autofahrt vom August 2017 in der Region Olten: Der Tacho zeigt an, dass die Geschwindigkeitslimite innerorts mit 114 um bis zu 64 Stundenkilometer überschritten wurde, im Ausserortsbereich um bis zu 134 km/h.
Zu sehen ist auch ein im Innerortsbereich – bei Gegenverkehr – mit einer Geschwindigkeit von 80 bis 100 km/h ausgeführtes Überholmanöver. Der Lenker des eben erst tiefergelegten Wagens ist bei der speziellen «Jungfernfahrt» nicht angegurtet. Auf dem Rücksitz des Wagens sitzt der Cousin des Fahrers, der das Ereignis mit dem Handy für die Nachwelt festhält.
Und damit auch möglichst viele Zeitgenossen Kenntnis erhalten von den tollen Fahrkünsten des Lenkers, wird das Filmchen schliesslich auf eine Social-Media-Plattform gestellt.
Mit dieser Protzerei nahm die Geschichte erst recht Fahrt auf und fand zuletzt vor dem Bundesgericht einen definitiven abrupten Stopp: Die höchsten Richter des Landes bestätigten ein Urteil des Solothurner Obergerichts, das den heute 38-jährigen Türken im Januar 2021 unter anderem wegen qualifiziert grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt hatte und ihn darüber hinaus für sieben Jahre des Landes verwies.
Das Bundesgericht lässt den Beschwerdeführer in seinem diese Woche publizierten Urteil auf der ganzen Linie abblitzen und brummt ihm darüber hinaus auch noch die Gerichtskosten von 3000 Franken auf.
Es sei keineswegs zu beanstanden, wenn die Vorinstanz das Ausmass der Verkehrsgefährdung insgesamt als «überdurchschnittlich schwer» und damit das vom Beschwerdeführer geschaffene abstrakte Risiko als sehr hoch eingestuft habe, halten die obersten Richter fest. Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers habe es auch nicht zusätzlich einer eingetretenen konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bedurft.
Das objektive Tatverschulden des unbelehrbaren Wiederholungstäters sei durchaus im Grenzbereich von mittelschwer bis schwer anzusiedeln.
In der Berufung machte der Beschwerdeführer eine psychisch bedingte Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit zur Tatzeit geltend. Er verlangte, dass er nur zu einer bedingten, allenfalls zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe zu verurteilen sei und auf eine Landesverweisung zu verzichten sei.
Doch wie schon die Vorinstanz kommt auch Lausanne zum Schluss, dass der mehrfach einschlägig Vorbestrafte, der von einer IV-Rente lebt, diese Chance längst vertan habe und ihm auch angesichts andersartiger Delikte (mehrfache Beschimpfung, Drohung, Diebstahl) keine gute Prognose gestellt werden könne.
Vorstrafen, Warnungen und auch die innerfamiliären Erfahrungen (der Vater war ebenfalls des Landes verwiesen worden) hätten nichts gefruchtet. Ganz offensichtlich lasse sich das Verhalten des Beschwerdeführers «nicht als ein momentanes Versagen erklären, sondern nur noch mit einer eigentlichen Charakterschwäche».
Vor diesem Hintergrund kommt das Bundesgericht bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung des Beschwerdeführers einerseits, und anderseits an dessen privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz, ebenfalls zum Schluss:
«Die Summe und Regelmässigkeit der Delikte zeigen, dass der Beschwerdeführer sich nicht an die hiesigen Gesetze und Rechte halten kann oder will.»
Ergo: «Die vorinstanzliche Landesverweisung verletzt kein Bundesrecht.» Der Beschwerdeführer sei zwar in der Schweiz geboren worden und habe den grössten Teil seines Lebens hier verbracht, räumt das Bundesgericht ein. Doch habe er hier praktisch nur zu seiner Mutter und seinem Cousin familiären Kontakt; ein persönlicher Härtefall liege somit nicht vor.
Da er gut Türkisch spreche und sich regelmässig in der Türkei aufgehalten habe, sei er gut mit den dortigen Gegebenheiten vertraut, womit eine Integration im Heimatland «nicht wesentlich schlechter möglich erscheint als in der Schweiz».