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André Seiler und Christian Werner buhlen um das Präsidium des Kantonalen Gewerbeverbands. Im Interview beantworten sie Fragen zur Kandidatur.
André Seiler: Ich bin seit fast vier Jahrzehnten in gewerblich und industriell orientierten KMU tätig. Ich kenne diese Welt vom schweisstreibenden Feilen eines Metallwürfels bis zu komplexen Verhandlungen über Joint Ventures im In- und Ausland. Das ist meine Leidenschaft, ebenso wie der Kanton Solothurn. Ich möchte neben meiner unternehmerischen Tätigkeit etwas für den Kanton tun, das den Unternehmen etwas bringt.
Ja, das stimmt. Ich bin parteilos und gehöre keiner Behörde an. Das heisst aber nicht, dass ich nicht ein politischer Mensch bin. Das Gegenteil ist der Fall. Ich kenne die Anliegen der Unternehmen an die Politik sehr gut. Zudem bin ich bestens vernetzt. Ich muss nicht im Kantonsrat sitzen, um meinen Einfluss, den ich als Präsident des Gewerbeverbands hätte, geltend machen zu können.
Nein, überhaupt nicht. Der Gewerbeverband ist in der Politik schon heute sehr gut vertreten. Da muss der Präsident nicht auch noch dem Kantonsrat angehören. Es braucht an der Spitze des Verbands einen, der das Unternehmertum im Blut hat, einen, der täglich sieht und spürt, wie ein Unternehmen geführt wird – und auf welche Rahmenbedingungen es angewiesen ist, um erfolgreich sein zu können. Es ist wichtig, den KMU aus eigener Anschauung den Puls fühlen und erkennen zu können, wo der Schuh drückt. Was es danach braucht, um die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern, ist in der Tat politische Arbeit. Aber dafür braucht es nicht den Präsidenten allein.
Das ist leider so. Es braucht nun eine neue, besser austarierte Lösung. Ich habe übrigens schon früh darauf aufmerksam gemacht, dass die Einzelfirmen nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Erstens stellen sie die Mehrheit der Firmen im Kanton dar, zweitens hatten sie von der Vorlage, die Regierung und Parlament verabschiedeten, nichts. Im Gegenteil, sie wären mit den Familienzulagen sogar noch zusätzlich belastet worden.
Ganz klar bei der Digitalisierung, beim Fachkräftemangel, bei der zunehmenden Bürokratie und bei den überlasteten Verkehrsinfrastrukturen. Da brauch es eine Priorisierung auch im Gewerbeverband.
Ganz einfach: Ich habe keine politischen Ämter, die mich binden. Ich könnte mich voll und ganz an der entscheidenden Schnittstelle zwischen operativer KMU-Tätigkeit und als Kämpfer für bessere Wettbewerbsbedingungen einsetzen.
Christian Werner: Da ich seit vier Jahren Verantwortung im Zentralvorstand des Gewerbeverbands übernehme, kenne ich diesen von innen. Zudem bin ich als Selbstständigerwerbender und Verwaltungsrat mehrerer KMU mit den Herausforderungen des Gewerbes, insbesondere der Kleinunternehmen, vertraut. Schliesslich kann ich als gut vernetzter Kantonsrat auch im Parlament, wo über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entschieden wird, direkt Einfluss nehmen.
Ich bin in erster Linie selbstständiger Rechtsanwalt und Notar, mithin Unternehmer, nicht Politiker. Entscheidend ist meines Erachtens, dass der Präsident die Interessen des Gewerbes, wozu gerade auch die vielen Einzelfirmen gehören, glaubwürdig vertritt. Und als Inhaber eines Einzelunternehmens, der in einer Kanzleigemeinschaft mehrere Personen – inklusive Lehrtochter – beschäftigt, repräsentiere ich einen grossen Teil der Gewerbeverbands-Mitglieder. Diese Einzelfirmen müssen in der Politik vertreten werden, auch bei der Steuervorlage.
Wir haben mitgeholfen, dass die Vorlage im Parlament eine solide Mehrheit fand. Und dass es einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gab. Das Volk hat am Sonntag entschieden. Nun muss eine neue Lösung gefunden werden, die auch an der Urne mehrheitsfähig wird. Ich werde mich weiterhin mit Vehemenz dafür einsetzen, dass die Interessen des Gewerbes dabei gebührend berücksichtigt werden.
Gesetze, welche die KMU betreffen, werden im Kantonsrat beraten und verabschiedet. Denken wir etwa an die ausstehende Umsetzung der Steuervorlage, an die Neuauflage des Energiegesetzes oder an die kommenden Diskussionen über die Besteuerung staatlicher und staatsnaher Betriebe, welche das Gewerbe konkurrenzieren. Es ist ein grosser Vorteil für den Gewerbeverband, wenn sein Präsident im parlamentarischen Prozess direkt Einfluss nehmen kann. Die scheidende Präsidentin und ihre Vorgänger hatten nicht von ungefähr ebenfalls Einsitz im Kantonsrat.
Auch ein CEO eines Unternehmens kann als Präsident des Gewerbeverbands politisch wirken. Aber es geht um die Stimme im Kantonsrat selbst, um den direkten Einfluss im Gesetzgebungsprozess. Dieser ist sehr wichtig, damit das Gewerbe nicht übergangen wird.
Nein. Um mögliche Interessenkollisionen zu verhindern, würde ich im Falle einer Wahl als Fraktionschef abtreten.