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Tourismusdirektor Jürgen Hofer wünscht sich zwar Entwicklung auf dem Weissenstein, aber eine mit Identifikation.
Was ist Ihre erste Erinnerung an den «Berg»?
Jürgen Hofer: Die reicht in meine Kindheit zurück. Ich erinnere mich an die legendären Sesseli, die einen seitwärts auf den Berg brachten. Und dies mit dem typischen «Ratatata». Dann erinnere ich mich aber auch an die drei «Hellsten». Ich weiss, das tönt etwas klischeehaft, aber es ist so. Es war eine frühe Impfung für die Faszination, die bis heute geblieben ist. Was ich damals natürlich nicht wusste (lacht).
Wie hat sich der «Berg» seither verändert?
Ich fang mit dem an, was geblieben ist: Für mich ist er immer noch Heimat. Auch wenn sie etwas von ihrer Unschuld, vielleicht auch etwas von ihrer Verklärung verloren hat. Heute mutet auch auf dem «Berg» vieles professioneller und rationaler an. Ich beklage das nicht, stelle aber fest, dass es so ist.
Der 59-jährige studierte Historiker mit MBA in Tourismus- und Freizeitmanagement ist seit Anfang Dezember 2008 Direktor von Region Solothurn Tourismus. Zu seinen Aufgaben gehört die touristische Vermarktung von Stadt und Region Solothurn sowie die Leitung des Tourist Office mit acht Mitarbeitenden. Im Auftrag nimmt Jürgen Hofer zudem die Geschäftsführung von Kanton Solothurn Tourismus wahr. Er ist ein begeisterter Wanderer, Biker, Jogger, Skifahrer und Kletterer. Zudem reist und kocht er leidenschaftlich. (bbr.)
Sagen Sie uns: Was ist der «Berg» heute für Sie?
Er ist ein Identifikationspunkt geblieben, wenn auch mit einigen Wenns und Abers. Wobei ich klar sagen muss: Das Glas ist halb voll und nicht halb leer! Die Infrastruktur ist heute so gut wie noch nie. Ich spreche von der Zugänglichkeit und den Verbesserungen im öffentlichen Verkehr, die noch kommen werden. Ich spreche aber auch von der Hotelinfrastruktur, die seit den Gründerzeiten nie mehr so gut war. Und ich spreche nicht nur vom neuen Hotel, sondern auch von den Berggasthöfen.
Frage an den Touristiker: Gefällt Ihnen der «Berg» so, wie er ist?
Grundsätzlich gefällt er mir, ja. Aber es gibt schon einige Baustellen, die wir angehen müssen. Die Nutzungsintensität hat in den letzten Jahren ebenso zugenommen wie die Zahl der Freizeitaktivitäten. Es gibt nicht mehr nur Wanderer, Jäger und Naturschützer, sondern Biker, Gleitschirmflieger usw. Das gibt ganz selbstverständlich Konflikte. Die höhere Dichte an Nutzungen und das Wachstum an Menschen, die sich am «Berg» bewegen, erfordern ein geschicktes Management. Doch das reicht nicht: Es braucht im Rahmen des Möglichen auch «Verhaltensregeln», die allen dienen. Nicht zuletzt dem «Berg». Schliesslich liegen Teile auch im Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung. Damit ist ein Auftrag verbunden, den wir nicht nur erfüllen wollen, sondern auch müssen.
Konkret: Was sind die Vorzüge von der Region Grenchenberge-Weissenstein-Balmberg?
Ganz einfach: Es sind Topografie und Landschaft. Beim Blick nach Süden ebenso wie nach Norden stellt sich ein «Wow-Effekt» ein. Und dies, ohne dass Infrastrukturen herumstehen, die nach «Disney Land» aussehen. Das ist eine grossartige Qualität. Und dazu müssen wir Sorge tragen.
Umgekehrt: Was fehlt dem ganzen Hügelzug am Jura-Südfuss?
Ich würde es nicht als Mangel bezeichnen, aber es ist natürlich so, dass der «Unterhaltungswert», für den man als Besucher, Besucherin nichts leisten muss, gering ist. Mit anderen Worten: Man muss selber etwas unternehmen, wenn man etwas erleben will. Viele geniessen das, andere bleiben weg. Beides ist gut.
Werden Grenchenberge-Weissenstein-Balmberg klassisches Naherholungsgebiet bleiben?
Ja, davon gehe ich aus. Dieser Charakter entspricht der Landschaft und ihrer «Möblierung» am ehesten. Und ich glaube auch nicht, dass die Menschen in der Region etwas anderes möchten. Sie sprechen von ihrem «Hausberg». Und das ist durch und durch positiv besetzt. Wir finden auf dem Berg etwas, das mit uns selber viel zu tun hat. Deshalb haben die Menschen hier auch so etwas wie einen «Besitzanspruch». Der Berg, ganz gleich ob Grenchenberge, Weissenstein oder Balmberg, gehört allen ein bisschen. Es wäre grundfalsch, etwas daran zu ändern. Im Gegenteil: Das ist das Erfolgsgeheimnis. Ohne die Identifikation der Menschen aus der Nähe «funktioniert» der «Berg» nicht.
Das heisst: Es gibt kein Potenzial für mehr? Oder anderes?
Ich würde es nicht so sagen. Natürlich könnte man Vermarktungsstrategien verfolgen, die darauf ausgelegt wären, grosse ausländische Reisegruppen auf den «Berg» zu lotsen. Das würde in einem gewissen Umfang wohl auch klappen. Aber dafür ist der «Berg» nicht gemacht. Es gibt Beispiele, wo dies versucht wurde, allerdings ohne nachhaltigen Erfolg. Deshalb bleiben die Gäste aus der Schweiz und die Menschen, die Naherholung suchen, das erste Zielpublikum. Wobei es natürlich sehr zu begrüssen ist, wenn im neuen Hotel eine Entwicklung Richtung Seminartourismus stattfindet. Das hat sehr gut Platz und wertet die Destination gesamthaft auf. Im Sinn von mehr Qualität als Quantität.
Will heissen: Es ist gut, wenn nicht eine Million Touristen auf den «Berg» kommen ...
Ja, das habe ich einmal gesagt. Und ich stehe immer noch dazu. Es ist keine Aussage gegen den Gruppentourismus aus dem Ausland, aber es ist eine Aussage, die für die Region Grenchenberge-Weissenstein-Balmberg zutrifft.
Was haben Sie für ein Bild vom «Berg» vor Augen, wenn Sie eine Generation vorausschauen?
Es ist mehr ein Wunsch als en konkretes Bild: Dass wir nicht wie andere Destinationen auf Teufel komm raus das Letzte aus dem Ort herausholen müssen, sondern das Privileg bewahren dürfen, den «Berg» sorgfältig und nachhaltig entwickeln zu können. So eben, dass wir von einem geliebten ungeschliffenen Diamanten reden können, mit dem wir Emotionen verbinden, weil er nicht als Marketingprodukt daherkommt, sondern als Ort, wo man sich wohlfühlt, weil der «Berg» seinen eigenen Charakter behalten durfte.