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Kanton Solothurn
Die SP Kanton Solothurn wünscht sich einen Aufschrei gegen die Durchsetzungsinitiative. Sie sagt auch «Nein» zur Heiratstraf-Initiative und zur zweiten Gotthardröhre.
Normalerweise übernimmt die SP Kanton Solothurn zu den eidgenössischen Abstimmungen die Parolen der SP Schweiz. Nicht so für den 28. Februar 2016: Weil die Vorlagen besonders wichtig seien, fasse die Kantonalpartei diesmal eigene Parolen, teilte Präsidentin Franziska Roth am Parteitag in Dulliken mit. In Kontrast dazu stand allerdings der bescheidene Aufmarsch von 43 stimmberechtigten Parteitagsdelegierten, ein Minus-Rekord der letzten Jahre.
Kantonsrätin Susanne Schaffner (Olten) gelang es, die Durchsetzungsinitiative der SVP aus einem noch kaum beachteten Blickwinkel zu beleuchten, demjenigen der Opfer von Straftaten. Wenn sich ein Täter innert 10 Jahren schon einmal strafbar gemacht habe, werde er gemäss der Initiative auch bei leichteren Delikten automatisch ausgewiesen. Das sei keineswegs im Interesse der Opfer, sagte Schaffner, die als Anwältin häufig Geschädigte vertritt.
Bei Ehestreiten komme es zum Beispiel oft zu leichten Körperverletzungen. Müsse der Ehemann das Land verlassen, drohe der Frau der Verlust von Unterhaltsbeiträgen. Deshalb werde die Frau den Mann künftig oft gar nicht mehr anzeigen. Auch werde die Staatsanwaltschaft, im Wissen um solche Folgen, derartige Delikte sehr zurückhaltend verfolgen und im Zweifel keine Straftat erkennen.
Und der Täter habe wegen der Ausweisung keinerlei Veranlassung mehr, zu seiner Tat zu stehen und ein Geständnis abzulegen, was bisher nicht selten war. «Die Opfer werden mit dieser Initiative viel mehr gestraft als die Täter. Die Opfer sind die Leidtragenden», lautete das überraschende Fazit der Referentin.
Schaffner warnte mit grossem Ernst vor der «brandgefährlichen, verheerenden» Initiative: «Die Durchsetzungsinitiative hebelt den Rechtsstaat aus, der ein Anliegen von uns allen ist. Eigentlich ist das der Anfang vom Ende unseres Systems.» Sie warf die Frage auf, ob eine solche Initiative wirklich gültig sei. «Ein Aufschrei müsste durch unsere Bevölkerung gehen.» Der SP-Parteitag beschloss das Nein einstimmig.
Der Bau einer zweiten Röhre für die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels kam mit einem unterhaltsamen Streitgespräch, moderiert von Radio-32-Chefredaktor Manfred Joss, zur Sprache. Als Befürworter betonte der Berner BDP-Nationalrat Hans Grunder die Sicherheit. Langfristig sei die 2. Röhre billiger, weil dann das Problem auch für die Zukunft gelöst sei. SP-Nationalrat Philipp Hadorn entgegnete, eine 2. Röhre sei nicht nur im Bau teurer als eine Verladelösung, sondern erfordere auch langfristig mehr Unterhalt.
Das Volk wolle den Güter-Transitverkehr auf die Schiene verlagern; noch vor Eröffnung des Neat-Basistunnels einen neuen Strassentunnel zu beschliessen, sei unverständlich. Auf den Vorwurf der Gegner, die 2. Röhre werde dereinst sicher für zwei Spuren geöffnet, meinte Grunder: «Dazu müssten Verfassung und Gesetz geändert werden – also geht es nur, wenn das Volk es will.»
Auch die Versammlungsteilnehmer meldeten sich engagiert zu Wort. Der SP-Gemeindepräsident von Starrkirch-Wil, Daniel Thommen, exponierte sich für eine 2. Röhre. Bei der Parole gab es aber nur 4 Ja-Stimmen, die grosse Mehrheit wollte eine Sanierung ohne 2. Röhre.
Einstimmig unterstützte der Parteitag die Juso-Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln». Wer mit Nahrungsmitteln spekuliere, mache sich mitschuldig an Hunger und Flucht der Menschen aus armen Ländern, sagte Nationalrätin Bea Heim. «Mit Profitgier das Leben von Millionen Menschen gefährden, das geht nicht.»
Ebenso lehnte die SP die CVP-Initiative «gegen die Heiratsstrafe» ab. Ständerat Roberto Zanetti kritisierte die Einschränkung des Ehebegriffs, den Ausschluss der Individualbesteuerung und die Steuerausfälle von 2,3 Milliarden Franken. Dass 80 000 Ehepaare (von insgesamt 1,6 Millionen) etwas mehr Bundessteuern zahlen müssten, bezeichnete Junggeselle Zanetti salopp als «Tanzbändeli für Verheiratete» oder «Vergnügungssteuer für alle Vorzüge der Ehe».
Unbestritten war auch das Ja zur einzigen kantonalen Vorlage, dem 73,6-Mio.-Kredit für das Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekt an der Emme. Kanronsrat Markus Ammann (Olten) sah in den Hochwasserschutzprojekten an Emme und Aare «gelebte Solidarität im Kanton».
Frontal attackierte SP-Präsidentin und Kantonsrätin Franziska Roth (Solothurn) den «Deutschbefehl» des Egerkinger Gemeinderates: «Egerkingen will Kindern verbieten, in der Pause ihre Muttersprache zu sprechen. So schafft man den Nährboden für Rassismus.» Da werde mit Mobbing gegen Mobbing vorgegangen. Befremdet zeigte sich Roth über die Reaktion des kantonalen Volksschulamts. Das Egerkinger Vorgehen richte sich eindeutig gegen Fremde.