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Kanton Solothurn
Sowohl die Handelskammer als auch der Gewerbeverband signalisieren, dass sie mit den Anträgen der Finanzkommission leben können, weitergehende Verschlechterungen aber nicht goutieren.
Aller Augen sind auf den 7. März gerichtet: Dann wird das Solothurner Parlament im Rahmen einer Sondersession über die kantonale Umsetzung der AHV-Steuervorlage befinden. Nachdem vor einer Woche die kantonsrätliche Finanzkommission die regierungsrätliche Vorlage beraten hat, sind nun die Fraktionen am Zug. Sie befassen sich mit dem 21-seitigen Erlass, den ihnen die Regierung vorgelegt hat – und mit den Änderungsanträgen, die von der Finanzkommission ans Plenum gestellt werden.
Die Ausgangslage ist spannend: Zum einen hat die vorberatende Kommission die Vorlage nur mit knapper Mehrheit beschlossen. Zum andern hat sie vier Änderungsanträge verabschiedet. Diese reichen von der Festsetzung des Gewinnsteuersatzes im ersten Jahr der Umsetzung auf 5 statt 3 Prozent über die nach oben offene Ausweitung der Steuerautonomie der Gemeinden bei den Unternehmenssteuern bis zur Beibehaltung der Kapitalsteuer auf dem Niveau von 0,8 Promille (statt Reduktion auf 0,1 Promille).
Dem Vernehmen nach fiel nicht nur die Schlussabstimmung über die Vorlage knapp aus, sondern auch der Entscheid über die einzelnen Änderungsanträge. Unter der Annahme, dass das links-grüne Lager in der Finanzkommission homogen abgestimmt hat, kann dies faktisch nur bedeuten, dass die bürgerlichen Parteien zum Teil gespalten waren oder sich deren Exponenten zum Teil der Stimme enthalten haben.
Umso aufschlussreicher werden die Weichenstellungen der Fraktionen für die Sondersession sein. Mit Interesse zu verfolgen sein werden insbesondere die Verhältnisse bei FDP, CVP und SVP. Werden sie geschlossen in die Session gehen – oder wird es Abweichler von der Generallinie geben? Und, wenn ja, in welchem Umfang? Eine wichtige Rolle werden dabei die Gemeindevertreter im Kantonsrat spielen. Um es zurückhaltend zu formulieren: Die Kommunen haben nicht nur beim Regierungsrat, sondern auch in der Vorberatung der Finanzkommission ihre Situation gleichsam optimiert.
Dies, nachdem die Gemeinden schon den «Deal» mit der Regierung gut verhandelt hatten. Nun kommt es möglicherweise noch besser, wenn der Antrag der Finanzkommission im Plenum mehrheitsfähig wird: Nicht nur würde der Kanton in den ersten sechs Jahren (mit abnehmendem Anteil) die Steuerausfälle in den Gemeinden übernehmen. Zusätzlich sorgte die Anpassung des Gewinnsteuersatzes im ersten Jahr – nicht nur bei den Gemeinden, sondern auch beim Kanton – für eine erhebliche Entlastung. Kein Wunder, kann der Verband der Solothurner Einwohnergemeinden (VSEG) gut mit der sich abzeichnenden Lösung leben, wie Präsident Roger Siegenthaler auf Anfrage sagt.
Und nicht nur dies: Auch der von den Städten Grenchen und Olten (Grol) lancierte Alternativvorschlag zur Regierungsvorlage ist auf dem Vormarsch. Jedenfalls hat sich die Finanzkommission in Richtung Grol bewegt. «Verkraftbar und nachhaltig» sei diese, sagt der Grenchner Stadtpräsident François Scheidegger mit Verweis auf die 16-Prozent-Strategie bei der Unternehmensbesteuerung. Auf diese Weise reduzierten sich nicht nur die Steuerausfälle für die betroffenen Gemeinden – maximal 2 Millionen Franken in Grenchen, maximal deren 3 in Olten –, sondern auch der Kanton «sparte» in den ersten sechs Jahren kumuliert rund 200 Millionen Franken. Umgekehrt sei die regierungsrätliche Vorlage «eine riesige Giesskanne», bei der das Eigenkapital des Kantons «zu grossen Teilen aufgebracht und wertvolles Steuersubstrat vernichtet wird». Abgesehen davon bleibe die 13-Prozent-Strategie weiterhin möglich. Dann nämlich, wenn der Kanton seinen Steuerfuss entsprechend anpasst.
Doch aufgepasst: Es sei wichtig, dass man das Ziel der Vorlage bei allen Versuchen, diese mehrheitsfähig zu machen, nicht aus den Augen verliere, sagt Daniel Probst, Direktor der Solothurner Handelskammer. Und das heisst: Eine international akzeptierte und attraktive Unternehmenbesteuerung mit gleich langen Spiessen für alle einführen, Steuerausfälle durch Erhöhung von Dividenden- und Vermögensbesteuerung gegenfinanzieren sowie flankierende Massnahmen über Lohnbeiträge sicherstellen.
Das koste die Wirtschaft, KMU-Eigentümer und vermögende Privatpersonen rund 65 Millionen Franken, sagt Probst. Aber diese seien nur mit der 13-Prozent-Strategie der Regierung zu haben. Was heisst das für die Anträge der Finanzkommission? «Sie stellen eine Verschlechterung dar, wir können damit aber gerade noch leben», sagt Probst.» Eine Absage erteilt die Handelskammer dem Vorschlag «Grol»: «Damit wird der Bogen eindeutig überspannt.» Vor allem die fehlende Rechtssicherheit – der Steuerfuss des Kantons muss jährlich vom Parlament festgesetzt werden – macht der Wirtschaft Sorgen.
Auch für den Kantonal-Solothurnischen Gewerbeverband (KGV) ist die Schmerzgrenze erreicht. Die Steuerautonomie der Gemeinden etwa könne für einen Teil des Gewerbes, das die Rechtsform einer juristischen Person habe, nachteilige Folgen haben, sagt Geschäftsführer Andreas Gasche. Der Zentralvorstand hat die Anträge der Finanzkommission zwar einstimmig gutgeheissen. Eine weitere Verschlechterung würde aber bedeuten, dass der KGV «diese Vorlage nicht weiter unterstützt», sagt er. Verbesserungen dagegen sähe man gerne – zum Beispiel die Beibehaltung der Dividendenbesteuerung auf dem heutigen Niveau. «Ein Vorstoss in diese Richtung würde helfen, einen Teil des kritischen Gewerbes zur Unterstützung der Vorlage zu gewinnen», betont Gasche.