Gesundheit
Mit neuem Modell wird Notstand in der Pflege vorgebeugt

Spitäler, Heime und Spitexorganisationen im Kanton Solothurn werden mit einem neuen Modell verpflichtet, genügend Ausbildungsplätze in Gesundheitsberufen zu schaffen. Das hat der Kantonsrat mit der Anpassung des Spital- und Sozialgesetzes beschlossen.

Urs Moser
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Es soll genügend Ausbildungsplätze im Kanton haben.

Es soll genügend Ausbildungsplätze im Kanton haben.

Spitäler, Pflegeheime und Spitexorganisationen werden gesetzlich verpflichtet, genügend Ausbildungsplätze in Gesundheitsberufen anzubieten. Diese Verpflichtung blieb im Kantonsrat angesichts des drohenden Pflegenotstands unbestritten. Ebenso wie das System der sogenannten Ersatzvornahme, um die Ausbildungsverpflichtung auch durchzusetzen: Stellt die Institution X nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung, kauft der Kanton die benötigten Kapazitäten bei der Institution Y ein und stellt die Kosten dem säumigen Spital, Heim oder Spitex-Organisation in Rechnung.

Das sei die bessere Lösung als das heute noch vorgesehene Bonus/Malus-System, weil so auch wirklich Ausbildungsplätze geschaffen würden und die Ausbildungspflicht nicht einfach mit einer «Busse» umgangen werden könne, bemerkte etwa SP-Sprecherin Luzia Stocker (Olten). Die Anpassungen im Sozial- und Spitalgesetz, mit denen für den benötigten Berufsnachwuchs gesorgt werden soll, wurden vom Parlament einstimmig gutgeheissen.

Spitex-Patienten müssen zahlen

Umstritten war dabei allerdings, wie die Spitexorganisationen in das Modell eingebunden werden sollen. Der Spitex-Verband hatte mit einem Mailing dagegen lobbyiert, dass die Ausbildungskosten neu den sogenannten nicht-pflegerischen Leistungen zugeordnet und den Spitexpatienten in Rechnung gestellt werden sollen, wie das bei den Pflegeheimen bereits der Fall ist. Die SP griff dieses Anliegen auf und stellte einen entsprechenden Änderungsantrag. Das sei weder sozial noch sinnvoll, meinte Luzia Stocker.

Ihr Argument: Spitex-Patienten zusätzlich zu belasten laufe dem Grundsatz «ambulant vor stationär» zuwider, es bestehe die Gefahr, dass die Spitex Patienten verliert und pflegebedürftige Personen wieder eher in ein Heim eintreten. Dem pflichtete Barabara Wyss Flück (Grüne, Solothurn) bei, namens der FDP und der CVP/GLP/BDP/EVP-Fraktion votierten hingegen Barbara Leibundgut (Bettlach) und Susan von Sury (Solothurn) mit dem Argument der Gleichbehandlung von Heimbewohnern und Spitex-Patienten für die Variante der Regierung. Da SVP-Sprecherin Stephanie Ritschard (Riedholz) aber die Argumentation der Linken praktisch wörtlich übernahm, sah es einen Moment so aus, als ob eine «unheilige Allianz» einer Sonderregelung für die Spitex doch noch zum Durchbruch verhelfen könnte.

Eine Zunahme der Heimeintritte sei bei einer Kostenüberwälzung auf die Spitex-Patienten «unvermeidbar», die Heimkosten würden regelrecht «in die Höhe schnellen», warnte Ritschard. Um dann aber zu verkünden, man lehne den SP-Antrag «deutlich» ab. Das sorgte zwar für Erheiterung im linken Lager, aber tatsächlich entschied sich das Parlament mit 66 gegen 28 Stimmen dafür, dass es bei der Verrechnung der Ausbildungskosten bleibt.

In einem zweiten umstrittenen Punkt stellte sich ebenfalls die Ratslinke (erfolglos) quer, diesmal allerdings nicht unbedingt im Interesse der Spitex-Organisationen: Das Gesetz sieht eine Ausnahme von der Ausbildungsverpflichtung vor: Kleinstbetriebe können von der Pflicht entbunden werden, wenn es ihnen nicht möglich ist, sich einer Verbundlösung mit anderen Betrieben anzuschliessen und so ihren Ausbildungsaufwand zu reduzieren. Diese Ausnahme wollte die SP streichen. Damit wolle man nicht die Fusion von kleinen Spitexorganisationen forcieren, so Hardy Jäggi (Recherswil).

Es gehe darum, Pflegeleistungen in gleicher Qualität für alle Kantonseinwohner sicherzustellen. Die Ausnahmeregelung brauche es schlicht nicht, denn es sei jedem Betrieb möglich, sich einem Ausbildungsverbund anzuschliessen, bekräftigte Fraktionskollegin Fränzi Burkhalter (Biberist). Auch hier entschied der Rat aber mit 66 gegen 28 Stimmen für die von der Regierung vorgelegte Variante.