Startseite
Solothurn
Kanton Solothurn
Ein Nachruf auf den bedeutenden Solothurner Künstler Gunter Frentzel, der am 25. März verstarb. Der Bildhauer war einer der Bedeutendsten der Schweiz.
Gunter Frentzel ist am 25. März so lautlos von uns gegangen, dass selbst seine Freunde, die von seiner schweren Krankheit wussten, immer noch hofften, er könnte an der nächsten Vernissage wieder auftauchen. In der bekannten Offenheit und Frische, in seinem typischen rot-schwarzen Outfit, mit dem er allen Lebensfreude und Ernst als Gleichgewicht vor Augen führte.
Aber eigentlich passt dieser fast unbemerkte Abgang auch zur nomadischen Kunst von Gunter Frentzel, die leicht auf- und wieder abgebaut werden kann – wie das Zelt eines Zirkus, der über Nacht weiterzieht: Gunter Frentzel hat nur gerade eine Woche nach der Eröffnung seiner Ausstellung in der Galerie des Kunstvereins Olten seine letzte Reise angetreten.
«Kunst ist nie statisch. Sie macht mich darauf aufmerksam, wie unsere Räume immer enger werden – dass wir uns zu wenig dagegen wehren – zu wenig nach anderen Räumen suchen – nach freieren Räumen – geistigen Räumen.»
Gunter Frentzel, 1990
Mit seinem Tod verliert die Schweizer Kunstwelt, vor allem aber seine Wahlheimat Solothurn eine seiner engagiertesten Persönlichkeiten. Seine Werke befinden sich sowohl in Museen wie im Aussenraum, darunter seine eindrucksvolle Schale, die er 1992 für die Kantonsschule Solothurn realisierte.
Der 1935 in Berlin geborene, seit 1960 in der Schweiz lebende Künstler gilt als einer der bedeutendsten Bildhauer unseres Landes, der nicht nur mit seinen Stab-Skulpturen, sondern auch mit seinen Laser-Installationen eine individuelle Erweiterung des Skulpturen-Begriffs gefunden hat.
Als Gunter Frentzel und seine Frau Ulrike auf ihrer Hochzeitsreise in die Schweiz kamen, gefiel es ihnen so gut, dass sie sich kurz danach hier niederliessen und 1962 für immer in Rüttenen blieben. In ihrem Bauernhaus, hoch über dem Mittelland, den Jura im Rücken, fanden sie sowohl die Weitsicht wie den Schutz, den sie suchten: «Angelehnt» heisst denn auch der dem Künstler gewidmete Film von Insert-film, den Pedro Haldemann kürzlich abgeschlossen hat (Filmpremiere am 5. Juni 17 Uhr im Gemeindesaal Rüttenen).
Auch Frentzels Skulpturen sind oft an eine Wand gelehnt. Immer aber verdanken sie ihre Stabilität einem fein austarierten Gleichgewicht, bei dem sich die einzelnen Elemente gegenseitig stützen. Die fragile Balance kann für die existenzielle Situation stehen: Hatte der Bildhauer noch bis 1971 als künstlerischer Leiter eines Steinmetzunternehmens sein Brot verdient, wagte sich der zweifache Vater mit der mutigen Unterstützung seiner Frau in die freiberufliche Tätigkeit als Künstler.
Die aussergewöhnliche Professionalität und Informiertheit, die ihn stets auszeichnete, ist Ausdruck dieser Chance, die er sich genommen hat und die ihm gewährt wurde. Und zu Recht war er stolz darauf, dass er sämtliche Ausstellungen der Documenta seit 1955 besucht hatte.
Sein enormes Wissen und seine selbstkritische Haltung liessen ihn unter dem Einfluss der amerikanischen Minimal Art ab Ende der 1970er-Jahre eigenständige Kunstwerke schaffen, die ihm viel beachtete Einzelausstellungen ermöglichten: 1987 im Musée cantonal des beaux-arts Sion, 1887/88 im Centre culturel Suisse Paris, 1990 und 2011 im Kunstmuseum Solothurn, 2006 in der Stiftung DKM, Duisburg. Mehrmals stellte er auch im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn aus. Letztmals 2015, als ihn der vormalige Kirchenraum zu einer riesigen, aus der Chorwand «fliessenden» Installation anregte.
Gunter Frentzel wird uns nicht nur als hervorragender Künstler, sondern auch als inspirierender und humorvoller Gesprächspartner fehlen. Wie kein Zweiter sprach er gerne und leidenschaftlich über Kunst. Sowohl künstlerisch wie menschlich nahm sie Gunter Frentzel stets die Freiheit, seinen eigenen Weg zu gehen.
*Christoph Vögele ist Kurator des Kunstmuseums Solothurn.