Solothurn
Markus Schneider gibt Rücktritt bekannt

Ein politischer Paukenschlag beendet die Sommerruhe: Kantonsrat Markus Schneider (SP), designierter «höchster Solothurner» des Jahres 2013, tritt per sofort aus dem Parlament zurück. Die Fraktion muss nun einen Ersatz finden.

Urs Mathys
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Markus Schneider tritt zurück (Archiv)

Markus Schneider tritt zurück (Archiv)

Solothurner Zeitung

Der selbstständige PR-Berater macht gesundheitliche - und in deren Folge auch finanzielle - Probleme als Gründe geltend. Am kommenden 5. Dezember hätte der 50-jährige Stadt-Solothurner vom Parlament turnusgemäss zum Präsidenten gewählt werden sollen. Und niemand zweifelt daran, dass er diese Wahl auch ehrenvoll geschafft hätte: Der SP-Mann hat sich in den 11 Jahren seiner Parlamentsarbeit als äusserst kritischer, aber auch kompetenter und konstruktiver Geist profiliert.

An eigenen Massstäben gescheitert

Wie zuvor schon als Solothurner Gemeinderat legte Markus Schneider auch im Kantonsparlament den Finger oft auf wunde Punkte. Dabei wandte er besonders bezüglich Transparenz und Rechtsstaatlichkeit stets hohe Massstäbe an; ebenso wie auch an seine eigene Arbeit. «Zu meinen hohen Massstäben gehört auch, dass ich meine privaten Angelegenheiten in Ordnung halte. Dies ist für mich eine notwendige Voraussetzung, um unbefangen politisieren zu können», hält Schneider dazu fest. Gerade dies sei zurzeit nicht gegeben, begründet er denn nun auch den Entscheid, auf sein Kantonsratsmandat zu verzichten - und damit auch auf den Griff nach dem höchsten politischen Amt, das der Kanton zu vergeben hat.

Kommentar: Nicht lange gefackelt

Während die Solothurner Politprominenz im jurassischen Saignelégier die Pferde, den Kanton Solothurn und nicht zuletzt sich selber feiert, spielt sich auf heimischem Terrain eine menschliche Tragödie ab: Der als künftiger Kantonsratspräsident vorgesehene SP-Mann Markus Schneider steht vor einem politischen und beruflichen Scherbenhaufen. Gesundheitliche Tiefschläge haben dem prominenten und beliebten Politiker finanziell offenbar derart zugesetzt, dass er keinen andern Ausweg mehr gesehen hat, als sein Kantonsratsmandat per sofort zur Verfügung zu stellen.

Der ehemalige Fraktionschef und Unternehmer hat in all seinen Tätigkeiten gegenüber Dritten wie auch an sich selber jeweils hohe Ansprüche gestellt. Dass er nun in einer persönlichen Extremsituation die Messlatte nicht einfach nach unten korrigiert, ehrt ihn. Etablierte Politiker neigen gerne dazu, Probleme schönzureden und auszusitzen. Schneider dagegen hat erkannt, dass nicht jede Karawane einfach vorbeizieht - ganz besonders nicht am Präsidenten des Rates. Dieser steht permanent im Rampenlicht, da wird aus jeder Mücke schnell einmal ein Elefant. Das kann zu einer immensen Belastung für den gesamten Ratsbetrieb führen. Schneider hat mit seinem radikalen Schritt Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Staatswesen bewiesen.

Das kommende Jahr hätte zum Höhepunkt der Politkarriere von Markus Schneider werden sollen. Nun muss er sich ganz anderen Herausforderungen stellen. Bleibt zu hoffen, dass er diese freier und unbelasteter angehen kann, nachdem er sich des politischen Rucksacks entledigt hat. theodor.eckert@azmedien.ch

«Ich hatte in den letzten Jahren mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, die zum Teil auch Spitalaufenthalte nötig machten.» Als selbstständig erwerbender PR-Berater sei er dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten, gesteht Schneider in seiner Rücktrittserklärung offen ein. Und: «Obwohl ich mich intensiv darum bemühte, gelang es mir nicht, diese Probleme rechtzeitig in den Griff zu bekommen und meine finanzielle Situation bis Ende 2012 zu bereinigen.» Deshalb habe er sich nun - rechtzeitig vor den Präsidiumswahlen - zur Radikallösung entschlossen. Der Rücktritt sei für ihn «folgerichtig», dieser ermögliche ihm auch, mit voller Kraft an die Aufarbeitung der privaten Angelegenheiten zu gehen.

Wackliges Repla-Mandat

Schneiders Hoffnung war, dass ihm das Geschäftsführer-Mandat bei der Regionalplanungsgruppe Repla Espace Solothurn zumindest einen Teil zur nötigen finanziellen Gesundung beitragen könnte. Daraus wurde nun aber offenbar nichts. In einer Sitzung des Repla-Vorstandes gestern Mittag - von der der Geschäftsführer nicht einmal Kenntnis hatte - soll die Frage der Weiterbeschäftigung einziges Traktandum gewesen sein: dem Vernehmen nach mit für Schneider negativem Ergebnis. Weder Repla-Präsident Marcel Siegenthaler (Lüterkofen) noch Vizepräsident Kurt Fluri (Solothurn) wollten dies gestern auf Anfrage bestätigen. Grund: Schneider habe noch nicht informiert werden können.

Ihm sei nicht bekannt, dass man in der Repla mit seiner Arbeit nicht zufrieden gewesen sei, sagte Schneider auf Nachfrage. Wohl sei er jüngst krankheitshalber längere Zeit ausgefallen, doch im Zusammenhang mit dem regionalen Agglomerationsprogramm habe er ganze Arbeit geleistet. Allerdings: Einen Arbeitsvertrag hatte er auch nach mehreren Monaten Tätigkeit nicht erhalten.

Fraktion unter Zugzwang

Fränzi Burkhalter (Biberist), Chefin der SP-Kantonsratsfraktion, zeigte sich betroffen vom «völlig überraschenden Entscheid» Schneiders. «Dies ist ein grosser Verlust für die Fraktion und für den Rat», so Burkhalter zur az: «Er hat als langjähriger Kantonsrat ein breites Erfahrungsspektrum, ein immenses Wissen und ein ausgeprägtes Gespür für politische Zusammenhänge.» Die Fraktion werde nun darüber beraten, wen sie anstelle Schneiders für das Ratspräsidium nominieren wolle. Auf dessen Kantonsratssitz kann als erster Ersatz Mathias Strickler (Bettlach) nachrücken.