Ständeratswahlen
Letzte Wahlkampf-Zuckungen: Gewerbeverband steht nicht mehr ganz einstimmig hinter Christian Imark

Der Kantonal-Solothurnische Gewerbeverband unterstützt SVP-Kandidat Imark grundsätzlich, aber nicht ganz einheitlich.

Balz Bruder
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KGV-Geschäftsführer Andreas Gasche: «Klar ist aber, dass drei Viertel der anwesenden Präsidenten die Kandidatur von Christian Imark unterstützten.»

KGV-Geschäftsführer Andreas Gasche: «Klar ist aber, dass drei Viertel der anwesenden Präsidenten die Kandidatur von Christian Imark unterstützten.»

Hanspeter Bärtschi

Eine halbe Woche vor dem Entscheid über den zweiten Ständeratssitz sorgt der Kantonal-Solothurnische Gewerbeverband (KGV) für einen mittleren Aufreger. Nachdem der Zentralvorstand SVP-Herausforderer Christian Imark einstimmig zur Wahl vorgeschlagen hat, sieht die Präsidentenkonferenz die Sache etwas differenzierter. Wörtlich teilte KGV-Geschäftsführer Andreas Gasche am Mittwoch mit: «Zwar stützt die Präsidentenkonferenz den Vorschlag des einstimmigen Zentralvorstandes, aber nicht ganz so einheitlich.»

Die Sache mit dem Austritt von Imarks Verband

Was bedeutet das konkret? Gasche: «Rund ein Viertel der stimmberechtigten Anwesenden enthielt sich der Stimme oder stimmte gar gegen diese Unterstützung.» Umgekehrt: «Klar ist aber, dass drei Viertel der anwesenden Präsidenten die Kandidatur von Christian Imark unterstützten», beeilt sich der Geschäftsführer nachzuschieben. Damit seien die Präsidenten schliesslich klar der Empfehlung des Zentralvorstands gefolgt, «dem wichtig ist, dass es in Bern für den Kanton Solothurn eine bürgerliche und damit gewerbefreundliche Doppelvertretung geben wird». An Imarks Wirtschaftsfreundlichkeit gibt es denn auch keine Zweifel.

Einen möglichen Grund für die nicht ganz geschlossene Haltung der Präsidentenkonferenz liefert Gasche gleich selber: «Ein Grund mag unter anderem sein, dass die Astag Sektion Solothurn Ende Jahr dem KGV den Rücken kehrt.» In der Tat hat der von Imark präsidierte Nutzfahrzeugverband an seiner jüngsten Generalversammlung beschlossen, aus dem Gewerbeverband auszutreten. Dafür verantwortlich waren unterschiedliche Gründe – finanzielle ebenso wie ausbildungstechnische.

Was für den Zentralvorstand keine Rolle spielte bei seiner Unterstützung der Kandidatur, wog bei den Präsidenten offenkundig schwerer. Zwar ist Imark selber Mitglied des KGV, dass er den von ihm geführten Verband aber aus dem Gewerbeverband lotste, nahmen ihm einige KGV-Exponenten übel. Auch wenn die Unterstützung mit Vorbehalt wohl keinen markanten Einfluss auf den Wahlausgang haben wird: Bemerkenswert ist der Vorgang allemal.

Wider Emotionen und «alte Befindlichkeiten»

Ebenso wie eine Positionierung, die FDP-Kantonalpräsident Stefan Nünlist gleichentags in den Leserbriefspalten dieser Zeitung vornahm. Nünlist, im ersten Wahlgang bei der Ständerats-Ausmarchung als Letzter über die Ziellinie gelaufen, erklärte vier Tage vor der Wahl noch einmal, wie es zum Entscheid der Delegierten gekommen ist, Stimmfreigabe zu beschliessen. Teil eins von Nünlists Ausführungen: «Sowohl Christian Imark als auch Roberto Zanetti sind talentierte Politiker mit beeindruckendem Leistungsausweis und viel politischem Spürsinn.» Teil zwei: «Wir Freisinnigen können mit den klassenkämpferischen, auf Verboten und Umverteilung basierenden rot-grünen Ideen wenig anfangen.»

Teil drei: «Auch wenn wir mit der SVP über gemeinsame historische Wurzeln verfügen und das Anliegen von Freiheit und Wohlstand teilen, tun sich viele Freisinnige schwer mit dem als ausgrenzend empfundenen Stil und der Gefährdung der bilateralen Verträge mit der EU.» Teil vier: «Aber ebenso werden wir nach vorne blickend an unserem Verhältnis zu den Parteien arbeiten, die unsere politischen Ziele und Anliegen teilen. Sich von Emotionen und alten Befindlichkeiten leiten zu lassen, hilft nicht, die Zukunft zu gestalten.»

Die Ausführungen zeigen: Für den Präsidenten der Freisinnigen ist das Thema über den Wahltag vom Sonntag hinaus nicht gegessen. Und dies mit gutem Grund: In eineinhalb Jahren werden im Kanton Regierung und Parlament neu bestellt. Und da geht es für die FDP erstens um die Vormachtstellung im Kantonsrat und zweitens um die Rückeroberung des zweitens Sitzes im Regierungsrat. Ein Unterfangen, das ohne valable Kandidatinnen und Kandidaten ebenso aussichtslos ist wie mit einem Alleingang.

Wie sagte doch Nünlist schon am Tag seiner Wahlschlappe: «Es ist mein Ziel als Parteipräsident, dass wir über gewisse regionale und persönliche Befindlichkeiten hinwegkommen. Das Thema Personalpolitik steht bei mir ganz zuoberst.» Und: «Wir haben ausserhalb von Nationalrat Kurt Fluri und Regierungsrat Remo Ankli wenig Köpfe, die im ganzen Kanton bekannt sind.» Es ist, als wollte Nünlist sagen: Nach der Wahl ist vor der Wahl.