Bürgerspital
Kind verletzt und nun wohin? So funktioniert der Notfall im Kanton Solothurn

Notfalldienste, insbesondere der Kinder-Notfalldienst, sorgen immer wieder für Gesprächsstoff. Wie ist dieser im Kanton Solothurn organisiert?

Fränzi Zwahlen-Saner
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Jeder Arzt im Kanton Solothurn muss Notfalldienst leisten. Da es zu wenig Kinderärzte gibt, wird auch auf ausserkantonale Zusammenarbeit gesetzt.

Jeder Arzt im Kanton Solothurn muss Notfalldienst leisten. Da es zu wenig Kinderärzte gibt, wird auch auf ausserkantonale Zusammenarbeit gesetzt.

Chris Iseli

Immer wieder beklagen sich Eltern, dass sie bei Notfällen mit ihren Kindern an keine passenden Ärzte verwiesen werden und dass sie sich ausserkantonal Notfall-Hilfe holen müssen. Dies sei doch kein Zustand. Gerade Kinder müssten doch im Notfall zeit- und ortsnah behandelt werden können, wird gefordert.

Tatsächlich ist es so, dass kein Spital im Kanton Solothurn über eigentliche Notfall-Kinderärzte verfügt. «Notfälle bei Kindern, welche nicht durch die diensthabenden Kinderärzte zwischen 8 und 20 Uhr versorgt werden können, werden nach Aarau, Biel oder Bern verwiesen», sagt die Zuchwiler Ärztin Cornelia Meier, Vorsitzende der Kantonalen Notfalldienstkommission und im Vorstand der kantonalen Ärztegesellschaft und der Solothurner Hausärzte.

Die Gruppenpraxis Kinder und Jugendliche am Bürgerspital

Paul W. Meier von der Gruppenpraxis für Kinder und Jugendliche schreibt zum Thema Notfalldienst: «Für Kinderärzte in der Region gilt die Regelung auf unserer Homepage. Die Eltern sollen sich bitte über die Notfallnummer 0848 112 112 melden und werden an den diensthabenden Kinderarzt weitergeleitet. Dieser Notfalldienst ist ein Service aller Kinderärzte der Region Solothurn/Grenchen und die Gruppenpraxis ist nur ein Teil davon. Das Bürgerspital BSS hat keine eigene Kinderabteilung, deshalb sollen die Eltern bei allen Notfällen die Notfallnummer anrufen und nicht ins BSS auf die Notfallstation gehen. Sie riskieren sonst, dort wieder weggeschickt zu werden.»

Es sei auch den Kinderärzten klar, dass sich viele Eltern ärgern, dass im BSS keine Kinderabteilung bestehe, so Meier weiter. «Es scheint uns aber wichtig zu betonen, dass der Service in der Region sehr gut ist. Es ist an 365 Tagen im Jahr von 8 bis 20 Uhr ein erfahrener Kinderarzt auf Pikett und dieser ist über die Notfallnummer rasch erreichbar.»

Nur in Ausnahmefällen müsse ein Kind nach Bern oder Biel weitergeschickt werden. «Es versteht sich von selbst, dass die Belastung durch diesen Dienst für uns Kinderärzte erheblich ist, da wir sehr viele Kinder sehen und nur zehn Kinderärzte diesen Dienst teilen», schreibt Paul W. Meier. (frb)

Im Raum Solothurn sei die Kinderheilkunde, die Pädiatrie im Kanton Solothurn nicht schlecht «aufgestellt», sagt sie weiter und erwähnt neben den vier frei praktizierenden Kinderärzten die pädiatrische Gruppenpraxis, die im Bürgerspital Solothurn eingemietet ist.

«Aber», so Meier, «im ganzen Kanton Solothurn praktizieren auf ein Vollzeitpensum gerechnet nur rund ein Dutzend Pädiater. Mit diesen ist eine 24-Stunden-Abdeckung für den ganzen Kanton nicht möglich. Mit der ausserkantonalen Zusammenarbeit sei eine Lösung gefunden, die schon länger funktioniere. «Klar wäre es optimal, alle Kindernotfälle im Kanton behandeln zu können», sagt Meier.

Wann zum Spezialisten?

Grundsätzlich könne eigentlich jeder Hausarzt auch ein über 10-jähriges Kind behandeln, ist Cornelia Meiers Ansicht. Für einen «normalen Schnupfen» sei es nicht zwingend, einen Kinderarzt aufzusuchen. «Gibt es aber schwierigere Probleme, vor allem bei kleineren Kindern, muss der Spezialist beigezogen werden», betont sie.

Sie erwähnt Kinder mit beispielsweise hohem oder unerklärlichem Fieber, Apathie, schlechtem Allgemeinzustand, Atemproblemen oder Bauchschmerzen. «Solche Kinder gehören zum Spezialisten und wenn es ein Fall ausserhalb der regulären Arbeitszeit ist, eben zum Kindernotfallarzt oder in der Nacht in den ausserkantonalen Kinder-Notfall.

Notfalldienst für jeden Arzt

Was Cornelia Meier mehr beschäftigt als der spezielle Kindernotfall, ist die generelle Notfall-Regelung im Kanton. Sie erklärt: «Jeder Arzt ist von Gesetzes wegen zum Notfalldienst verpflichtet. Historisch sind die Notfalldienstorganisationen in den Regionen entstanden. 2013 wurde das Gesundheitsgesetz mit Bestimmungen zur Umsetzung dieser Notfalldienstpflicht ergänzt und die kantonale Ärztegesellschaft als Berufsverband verpflichtet, die praktizierenden Ärzte im Kanton zum Notfalldienst aufzufordern. Wer keinen Notfalldienst leisten kann, muss eine Ersatzabgabe zahlen.»

Die Einsatzpläne arbeiten aber weiterhin die regionalen Notfalldienstorganisationen und die fachärztlichen Verbände aus. Es seien alle Ärzte eingebunden, sagt Meier; auch Augenärzte, Psychiater, Pädiater und Grundversorger. Wer sich, wie zum Beispiel die Dermatologen, keinem fachärztlichen Notfalldienst anschliessen kann und sich ausserstande sehe, im allgemeinen Grundversorger-Notfalldienst mitzuwirken, muss eine Ersatzabgabe zahlen.

«Es war eine riesige Arbeit, in der Umsetzung der neuen Bestimmungen im Gesundheitsgesetz eine Liste mit allen praktizierenden Ärzten zu erstellen und festzustellen, ob sie ihrer Notfalldienstpflicht nachkommen, zumal wir uns auf keine verlässliche und vollständige Datei seitens des Kantons stützen konnten. Wer sich nach all unseren Informationen und unserer Aufforderung nicht meldete, wurde mit Einzahlungsschein nochmals angeschrieben; da kamen viele noch hinzu», schmunzelt Meier.

«Wir arbeiten im Kanton mittels den definierten Notfallkreisen Ost, West, Nord und Thal, denn es gelte, auch regional unterschiedliche Befindlichkeiten zu berücksichtigen, so die Zuchwilerin. Momentan sei es so, dass jeder Arzt zwei- bis fünfmal pro Monat Notfalldienst leiste.

Zudem: «Notfalldienst im Bürgerspital zu leisten, ist besser als in der eigenen Praxis. So entsteht auch ein Austausch unter Kollegen und die nötige Infrastruktur ist vorhanden.» Damit seien alle praktizierenden Ärzte im Kanton in eine funktionierende Notfallversorgung eingebunden und auch die Versorgung der kleinen Notfallpatienten sei trotz geringer Kinderarztdichte im Kanton organisiert, so Meier.