Startseite Solothurn Kanton
Es ist eine lange schon gepflegte und geschätzte Tradition: Wer im Kanton Solothurn 100-jährig wird, erhält zu seinem aussergewöhnlichen Geburtstag hohen Besuch: Der Landammann kommt in Begleitung von Staatsschreiber und Standesweibel.
Mit leeren Händen erscheint die prominente Delegation nicht: Der Kanton schenkt seinen ältesten Bewohnern wahlweise ein Stück Gold (50 Gramm) oder einen gepolsterten, in Solothurn mit viel Handarbeit hergestellten Sessel. Alleine dieses Jahr stehen 28 Besuche bei 100-Jährigen im Terminkalender des Landammanns.
Jetzt aber wird das traditionelle Geschenk infrage gestellt. SVP-Kantonsrätin Jacqueline Ehrsam ortet Sparpotenzial. «Könnte sich die Regierung vorstellen, die aktuell benutzten Geschenke durch ein symbolisches und kostengünstigeres Geschenk zu ersetzen?», fragt die 36-jährige Politikerin aus Gempen in einer soeben eingereichten Interpellation. Offenbar fürchtet sie Mehrausgaben: «Aktuell liegen die Goldpreise auf einem Höchststand», so Ehrsam.
Und weiter: «Die demographische Entwicklung zeigt, dass immer mehr Menschen 100-jährig werden.» SVP-Frau Ehrsam zeigt sich in ihrem Vorstoss überzeugt: «Für die Jubilare ist dieser hohe Besuch des Landammanns eine grosse Ehre. Der Wertgegenstand oder der Holzstuhl bedeutet einer 100-jährigen Person wohl viel weniger.»
Als nächstes muss nun der Regierungsrat zur Interpellation Stellung nehmen. So will die SVP-Politikerin etwa beantwortet haben, wie viel Gramm Gold verschenkt worden sind und was das den Steuerzahler gekostet hat.
Vor Sparmassnahmen gefeit war die Tradition nicht: Bereits einmal hat der Regierungsrat aus Kostengründen das Goldgeschenk von 100 auf 50 Gramm reduziert. Die meisten Jubilarinnen – es sind viel mehr Frauen als Männer – bevorzugen das Gold und wählen nicht den Stuhl. Zudem feierte die Regierung früher den 99. Geburtstag, also den Eintritt ins 100. Lebensjahr. Das änderte Mitte der 90er-Jahre.