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Kanton Solothurn
Die Freisinnigen und die Sozialdemokraten sind die Verlierer der Parlamentswahlen im Kanton Solothurn, die Mitte kann sich schadlos halten, SVP, Grüne und Grünliberale legen deutlich zu.
Als um 17.15 Uhr die definitiven Resultate bei den Regierungsratswahlen feststanden, war bei den Parlamentswahlen der Fall erst in den Amteien Thal-Gäu und Dorneck Thierstein klar. Für die FDP resultierte zu diesem Zeitpunkt ein Verlust von zwei Sitzen, einer ging im Wahlkreis Thal-Gäu an die CVP, einer im Schwarzbubenland an die SVP verloren. Die SP musste im Schwarzbubenland einen Sitz an die Grünen abgeben. Und was auffiel: Für viele zum teil prominente Kantonsräte sah es so aus, dass sie die Wiederwahl nicht schaffen würden.
Das Schlussergebnis bestätigte den Trend: Die SP, vor vier Jahren noch stolze Wahlsiegerin mit vier Sitzgewinnen, muss untendurch. Über den ganzen Kanton gesehen, büsst sie über zwei Prozent Wähleranteile ein und liegt jetzt bei 19,2 Prozent. Daraus resultiert ein Verlust von drei Mandaten, die SP ist neu noch mit 20 Kantonsrätinnen und Kantonsräten im Parlament vertreten. Ihre Stärke halten konnten die Sozialdemokraten nur in der Amtei Thal-Gäu, nicht eben eine SP-Hochburg.
«Die Hoffnung stirbt zuletzt», meinte FDP-Präsident Stefan Nünlist noch am frühen Nachmittag. Sie wurde dann doch enttäuscht. Die FDP ist neu mit 22 Mitgliedern im Kantonsrat vertreten. Das Ziel, die 28 Sitze zu halten, wurde damit also bei weitem verfehlt. Wobei es auch recht ambitioniert war, hatten die Freisinnigen doch zwei Sitze erst im Lauf der Legislatur durch den Übertritt der beiden 2017 gewählten BDP-Vertreter dazu gewonnen. Auch so bleibt der Verlust aber immer noch recht massiv. Und die Freisinnigen mussten in allen Amteien Wähleranteil-Verluste hinnehmen. Über den ganzen Kanton büsste die FDP fast zwei Prozent ein und liegt jetzt bei 22,7 Prozent.
Die BDP ist dieses Jahr mit keinen eigenen Listen mehr zu den Wahlen angetreten. Von ihren (ehemaligen) Vertretern, die nun in Solothurn-Lebern und im Schwarzbubenland auf CVP-Listen antraten, schaffte niemand die Wahl.
Nachdem sie vor vier Jahren etwas schwächelte und einen Sitz verlor, setzte nun dafür die SVP wieder zu einem kleinen Höhenflug an: Drei Sitzgewinne, die SVP-Fraktion zählt neu 21 Mitglieder. Sie legte bei den Wähleranteilen um knapp 1,4 Prozent zu und liegt jetzt mit 21,1 Prozent wieder klar über der 20-Prozent-Marke. Dass sie sich am vehementesten für eine schnellere Lockerung der Corona-Schutzmassnahmen starkmachte, dürfte der Partei auch im Wahlkampf geholfen haben. Auch die Abstimmung über die Burka-Initiative, die im Kanton Solothurn mit 53 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde, könnte zu einer zusätzlichen Mobilisierung in der Stammwählerschaft beigetragen haben.
Von einem neuen Aufbruch in der Mitte ist nicht viel zu spüren. Die CVP konnte sich diesmal gerade halten und stellt wie bis anhin 20 Kantonsrätinnen und Kantonsräte. Ihr Wähleranteil schrumpfte erneut um gut ein Prozent auf noch 17,6 Prozent. Die CVP wird in der neuen Legislatur nur noch den einzigen EVP-Vertreter zu ihrer Fraktion dazuzählen können. Die Grünliberalen, die bisher ebenfalls der CVP-Fraktion angeschlossen waren, performten überraschend gut und können jetzt mit sechs Kantonsrätinnen und Kantonsräten eine eigene Fraktion stellen. Sie haben ihre Abordnung gleich verdoppelt. Ihr Wähleranteil stieg um fast drei auf 7 Prozent.
Auch die Grünen dürfen mit dem Wahlergebnis mehr als zufrieden sein und sich als eigentliche Wahlsieger feiern lassen: Sie legen um drei Sitze zu, ihre Abordnung zählt neu 10 Kantonsrätinnen und Kantonsräte. Der Wähleranteil stieg um fast drei Prozent und liegt jetzt bei über 10 Prozent. Ganz offensichtlich hat sich also die Prophezeiung, dass die Klimadebatte, die bei den letzten nationalen Wahlen das dominierende Thema war, nicht mehr nachhallen würde, nicht bewahrheitet.
Keinen allzu grossen Widerhall fand der Aufruf der Aktion «Helvetia ruft», die im Zug des 50-Jahr-Jubiläums des Frauenstimmrechts aus der diesjährigen Wahl eine Frauenwahl machen wollte. Die Zahl der Frauen im Kantonsrat nimmt zwar zu, aber nur minim um zwei auf neu 30 Kantonsrätinnen. Der Frauenanteil liegt damit immer noch unter den fast 35 Prozent, die bei den Wahlen 1993 im Nachgang zum ersten Frauenstreik von 1991 erreicht worden war. Damals nahmen 50 Frauen (der Kantonsrat zählte noch 144 Mitglieder) im Parlament Platz.
Weiter wird das Parlament ein ganz kleines bisschen ländlicher. Die drei Städte stellen neu 24 Kantonsrätinnen und Kantonsräte, in der vergangenen Legislatur waren es 26. Ihre politische Vormachtstellung ausbauen kann die Stadt Olten: Neu kommen 14 Kantonsräte und Kantonsrätinnen aus der Dreitannenstadt, bisher waren es 12. Klar eingebüsst hat dagegen die Hauptstadt: Fünf Kantonsratsmitglieder kommen aus Solothurn, in der letzten Legislatur waren es noch neun. Die Grenchner Abordnung bleibt mit fünf Kantonsratsmitgliedern gleich gross.
Mindestens 14 neue Köpfe für das Kantonsparlament würden die Wahlen bringen, das war klar, denn 14 Kantonsrätinnen und Kantonsräte stellten sich nicht zur Wiederwahl. Nun sind es aber 21 neue Ratsmitglieder, die Wahlen forderten unter den Bisherigen zum Teil prominente Opfer. Abgewählt wurde etwa Markus Baumann (SP, Derendingen), Präsident des kantonalen Gewerkschaftsbundes. Seine «wilde» Kandidatur für das Gemeindepräsidium in Derendingen gegen den Kandidaten aus den eigenen SP-Reihen dürfte ihm wohl nicht nur neue Freunde beschert haben. Abgewählt wurde auch Simon Gomm (SP, Olten), der Sohn von alt Regierungsrat Peter Gomm. Vor vier Jahren holte die Junge SP Region Olten mit ihm einen Sitz, nun trat er auf der Stammliste an. Das ging schief, die Junge SP konnte ihren Sitz hingegen mit Corina Bolliger verteidigen. Ein weiterer Sozialdemokrat, der die Wiederwahl nicht schaffte, ist Matthias Racine (Mühledorf).
Nur kurzfristig ausbezahlt hat sich der Parteiwechsel von der BDP zu den Freisinnigen für Markus Dietschi (Selzach). Die Wiederwahl blieb ihm verwehrt, im Gegensatz zum zweiten ehemaligen BDPler: Martin Flury (Deitingen) sitzt auch in der neuen Legislatur für die Freisinnigen im Rat. Auch einen Veteran hat es erwischt Ein bekanntes Gesicht bei den Freisinnigen, das man nicht mehr sehen wird: Hubert Bläsi (Grenchen) verpasste die Wiederwahl. Für ihn dürfte das besonders bitter sein, gehörte er doch zu den Doyens des Parlaments. Bläsi sass seit 2001 im Kantonsrat und hätte gern noch eine sechste Legislatur drangehängt. Nun hat er definitiv keine Chance mehr, mit Kantonsratsveteran Urs Huber (SP, Obergösgen) gleichzuziehen, denn Huber sitzt mit einem vierjährigen Unterbruch in der Legislatur 1993/97 schon seit 1989 im Parlament und hat die Wiederwahl locker geschafft. Er nimmt nun schon seine achte Legislaturperiode in Angriff.
Weitere Freisinnige, die die Wiederwahl verpassten, sind Christoph Scholl (Selzach) und Enzio Cessotto (Balsthal). Erwischt hat es schliesslich auch einen CVP-Vertreter: Peter Kyburz (Obergösgen), im Rat seit 2006, wird nicht mehr im Kantonsrat präsent sein.