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Kanton Solothurn
Der Solothurner Kantonsrat stimmt der Steuersenkungsinitiative «Jetz si mir draa» zu und verlangt von der Regierung, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten. Damit entfällt die Abstimmung im November.
Die Steuersenkungsinitiative «Jetz si mir draa» kommt nicht im November zur Abstimmung. Der Kantonsrat hat sich mit 60 : 36 Stimmen gegen die Regierung und für den von der Finanzkommission favorisierten Weg entschieden und der Initiative zugestimmt. Damit hat der Regierungsrat nun den Auftrag, eine Vorlage auszuarbeiten, von der schon jetzt feststeht, dass sie ausser der SVP eigentlich niemand will.
Nämlich eine zur möglichst wortgetreuen Umsetzung der Initiativ-Forderung, die Steuern im Kanton Solothurn für jedermann auf maximal das Niveau des schweizerischen Durchschnitts zu senken. Gleichzeitig soll die Regierung aber auch einen weniger weit gehenden Gegenvorschlag ausarbeiten, der eine «spürbare» Entlastung auf die unteren und mittleren Einkommenskategorien beschränkt, die Ausfälle dabei auf ein für den Finanzhaushalt verkraftbares Mass beschränkt und gleichzeitig auch eine Überprüfung aller Steuerabzüge enthält.
Beide Vorlagen werden dann dem Stimmvolk in einer Variantenabstimmung unterbreitet. Parlament und Regierung, das dürfte schon klar sein, werden dem Stimmvolk empfehlen, in der Stichfrage den Gegenvorschlag zu favorisieren.
Ein Vorgehen, das im Kantonsrat durchaus auch auf heftige Kritik stiess. «Eine gar nicht umsetzbare Vorlage auszuarbeiten, kann man sich sparen. Es geht hier nur darum, eine Abstimmung über die Steuerinitiative kurz vor den Wahlen zu vermeiden», meinte etwa Heinz Flück (Grüne, Solothurn). Er sprach damit Finanzdirektor Roland Heim aus dem Herzen. «Ich habe Vertrauen in das Stimmvolk und ich bin bereit, mich in einen Abstimmungskampf zu stürzen», versuchte dieser, das Parlament umzustimmen. Auch Christian Scheuermeyer (FDP, Deitingen) stellte sich auf den Standpunkt, dass man einer finanziell schlicht nicht verkraftbaren Initiative nicht einfach aus taktischen Gründen zustimmen dürfe, war damit in seiner Fraktion aber allein auf weiter Flur.
So richtig für die Initiative ins Zeug legen mochte sich niemand. SVP-Sprecher Richard Aschberger (Grenchen) erwähnte wohl, dass sich seine Partei als erste und einzige hinter die Initiative gestellt habe. Ansonsten war sein Votum aber vor allem ein Plädoyer für ein Sparprogramm. Um die Initiative umzusetzen, sei es «sonnenklar», dass Sparmassnahmen ergriffen werden müssen. «Wir haben immer wieder einen Massnahmenplan für Einsparungen im Staatshaushalt gefordert – passiert ist nichts», beschwerte sich Aschberger.
Die FDP versuchte, dem Kantonsrat vergeblich einen Gegenvorschlag ohne die von der Finanzkommission vorgegebenen Rahmenbedingungen schmackhaft zu machen. «Die Steuerbelastung ist zu hoch, das ist allen klar», erklärte Sprecher Christian Thalmann (Breitenbach). Weil die Initiative «doch grossen Anklang gefunden hat», wäre seiner Meinung nach «eine Ablehnung ohne Gegenvorschlag nicht zielführend. Man wolle aber die Route und die Wahl des Verkehrsmittels nicht vorgeben. Statt Korrekturen am Steuertarif könnte man sich bei der FDP zum Beispiel auch ein Modell mit Rabatten, Abzügen vom Steuerbetrag vorstellen.
Einzelne Fürsprecher fand das «taktische Ja» zur Steuersenkungsinitiative auch in der Mitte-Fraktion von CVP/GLP/EVP und im linken Lager. Es biete Gelegenheit, das Thema Steuerentlastung in einer gesamtheitlichen Auslegeordnung anzugehen, meinten Fabian Gloor (CVP, Oensingen) und Simon Bürki (SP, Biberist). Grossmehrheitlich stellte man sich hier aber hinter die Regierung. «Die Bevölkerung ist nicht dumm, wenn man ihr die Folgen aufzeigt, würde sie die Initiative überwältigend ablehnen», zeigte sich etwa Hardy Jäggi (SP, Recherswil) überzeugt.
Da ist sich Josef Maushart (CVP, Solothurn) nicht so sicher, er warnte aber genau deshalb ebenfalls eindringlich vor dem Weg, den der Kantonsrat dann beschritt. Er zeigte sich zwar auch zuversichtlich, dass die Bevölkerung im November klar Nein zur «Mogelpackung» sagen würde, denn bei der Initiative gehe es letztlich nicht um Entlastungen für die unteren und mittleren Einkommen, sondern darum, ein Sparprogramm zu erzwingen.
Aber: «Wenn das Parlament nun der Initiative zustimmt» – obwohl es sie eigentlich ja klar ablehnt – «wird nur diese Botschaft bei der Bevölkerung ankommen», prophezeite Maushart Böses. Mit seinem Entscheid ist der Kantonsrat «der SVP und der FDP auf den Leim gegangen», so Maushart.