Amtsgericht
«Hatte stets ein schlechtes Gewissen»: Vermögensverwalterin veruntreute Kundengelder

Als Bankerin log Margrit F.* und veruntreute Kundengelder. Doch einmal ertappt, verblüffte sie Richter und Staatsanwaltschaft mit ihrer Ehrlichkeit.

Philipp Eng
Drucken
Die Frau hat unrechtmässige Geldbezüge bei Kunden der UBS getätigt. (Symbolbild)

Die Frau hat unrechtmässige Geldbezüge bei Kunden der UBS getätigt. (Symbolbild)

KEYSTONE/ENNIO LEANZA

Nur «Kinder und Narren sagen die Wahrheit», heisst es in einem deutschen Sprichwort. Dass aber die Wahrheit zu sagen nicht nur eine kindliche Neigung oder eine erwachsene Dummheit sein kann, wies sich am Donnerstag im Urteil des Amtsgerichts Solothurn-Lebern vom 26. Juli 2018 unter der Leitung von Amtsgerichtspräsident Rolf von Felten.

Denn die Angeklagte Margrit F.* aus dem Kanton Luzern bekannte sich in allen ihr vorgeworfenen Anklagepunkten für schuldig und entging damit einer härteren Strafe. Während ungefähr neun Jahren hatte die Bankangestellte auf 25 verschiedenen Konti von sieben Kunden der UBS unrechtmässige Geldbezüge im Gesamtwert von rund 513'000 Schweizer Franken getätigt. Sie war als berufsmässige Vermögensverwalterin tätig und ihr wurde daher von der Solothurner Staatsanwaltschaft mehrfache qualifizierte Veruntreuung vorgeworfen.

Staatsanwalt Domenic Fässler sprach von einem «massiven Vertrauensbruch». Das Vorgehen sei «teils sehr verwerflich» gewesen, gerade aufgrund der Tatsache, dass Margrit F. unter anderem ihre Lehrtochter eingesetzt habe, um die Auszahlungen in Auftrag zu geben. Dies spreche für eine «grosse deliktische Energie» der Beklagten. Besonders verwerflich und damit die Strafe rechtfertigend sei auch der Umstand, dass die Beschuldigte aus äusserst egoistischen Motiven heraus gehandelt habe und sich «trotz guter Entlöhnung einen noch höheren Lebensstandard» habe ermöglichen wollen.

Andererseits sei der Beklagten – wie eingangs angesprochen – zugutezuhalten, dass sie im Verfahren stets sehr kooperativ gewesen sei und trotz nur wenig bekannter Faktenlage alle Wahrheiten auf den Tisch gelegt habe. Damit habe sie die Arbeit der Staatsanwaltschaft massgeblich erleichtert – und dies komme bei Vermögensdelikten nur selten vor, so Fässler.

Alle Schäden beglichen

Ebenfalls positive Worte fand natürlich Verteidigerin Stephanie Selig. Sie strich vor allem das aktive Bemühen ihrer Mandantin hervor, den Schaden vollends wieder gutzumachen, den sie mit den Veruntreuungsaktionen bei der UBS wie auch bei den betroffenen Kunden verursacht hatte.

In der Tat sei es erstaunlich, so Fässler, dass am Ende durch die ehrliche und offene Mitarbeit der Beschuldigten alle finanziellen Schäden und Verluste zur allgemeinen Zufriedenheit hätten ausgeglichen werden können. Selig spricht sogar von einem «aussergewöhnlichen Effort», da kein einziger Zivilkläger noch Ansprüche auf dem Gerichtsweg einfordern wollte respektive musste.

Auf die Frage von Richter Rolf von Felten hin, ob Margrit F. denn mit der Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten einverstanden sei, antwortete diese: «Es war erleichternd für mich, alle Karten auf den Tisch legen zu können – ich bin in eine Abwärtsspirale hineingeraten und habe alles teilweise ausgeblendet», dennoch habe sie stets ein schlechtes Gewissen gehabt, als sie zur Arbeit ging. Diesen Zustand konnte Margrit F. jedoch offenbar während neun Jahren ertragen. Daher sei sie mit dem vorgeschlagenen Strafmass einverstanden.

Das Gericht in Dreierbesetzung urteilte letzten Endes auch entsprechend und akzeptierte den ausgearbeiteten Vorschlag der Staatsanwaltschaft und Beklagtenseite. Grund dafür sei einerseits die Einsicht der Beschuldigten, andererseits die langen Verhandlungen zwischen den beiden Parteien und der letztlich gütlichen und verhältnismässigen Einigung, wie die Amtsrichter meinen.

*Name der Redaktion bekannt