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Brauchen die Solothurner Standortpromotoren mehr Schlagkraft? Ein überparteilicher Auftrag will die Wirtschaftsförderung direkt der Regierung unterstellen.
Es gibt derzeit leichtere und vor allem dankbarere Aufgaben, als die Solothurner Wirtschaftsförderung kritisch zu beäugen. Schliesslich ist es unter deren Mitarbeit vor zwei Jahren gelungen, den amerikanischen Milliardenkonzern Biogen nach Luterbach zu holen. Das Biotechunternehmen will auf dem ehemaligen Attisholz-Areal ein neues Produktionswerk aufbauen und eine Milliarde Franken investieren. Ein Riesenerfolg. Man habe einen grossen Fisch an Land gezogen, betonen die Verantwortlichen denn auch bei jeder Gelegenheit. Trotzdem sind führende Politiker überzeugt: Da könnte noch mehr gehen.
In einem überparteilichen Auftrag fordern nicht weniger als 46 Kantonsräte vom Regierungsrat, die gesetzlichen Aufgaben der Wirtschaftsförderer zu überdenken. «Heute darf sich eine Wirtschaftsförderung nicht mehr auf die Schaffung von Arbeitsplätzen beschränken», sind die Parlamentarier sicher.
Wichtig seien weitere Faktoren wie ein attraktiver Wohnraum. Statt einer Wirtschaftsförderung, die vor allem auf die finanzielle Förderung von Unternehmen aufbaut, brauche es eine breiter abgestützte Stelle. Mit anderen Worten: Der Regierungsrat soll für mehr Schlagkraft sorgen. Da ist es nur konsequent, dass die Politiker konsequent den Begriff Standortförderung nutzen.
Erstunterzeichner des Auftrags sind der Freisinnige Mark Winkler, Christian Werner von der SVP und CVP-Mann Josef Maushart. Die drei Bürgerlichen sitzen im Vorstand der parlamentarischen Gruppe «Wirtschaft und Gewerbe», die sich aus den Spitzen der Wirtschaftsverbänden und einflussreichen Politikern zusammensetzt.
Ihre Forderung ist jedoch nicht nur im eigenen Lager breit abgestützt. Mit Ausnahme der Grünen haben sich Vertreter aller Fraktionen hinter den Auftrag gestellt, darunter auch prominente Sozialdemokraten wie Parteipräsidentin Franziska Roth oder Gewerkschaftsführer Markus Baumann.
Die Solothurner Wirtschaftsförderung wurde vor drei Jahrzehnten gegründet, die Uhrenindustrie steckte da gerade in ihrer grössten Krise. In Gesetzen und Verordnungen ist ihr Auftrag klar geregelt: Die Stelle muss eine «strukturelle, regional ausgewogene und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ermöglichen».
Die Rahmenbedingungen seien unterdessen aber nicht mehr die gleichen, sagt FDP-Kantonsrat Winkler im Gespräch mit dieser Zeitung. «Es gibt immer mehr und komplexere Herausforderungen, denen sich die Wirtschaftsförderung stellen muss.» So verschärfe sich beispielsweise der Fachkräftemangel, während die Zahl der Restriktionen in der Raumplanung zunehme. Gleichzeitig ist die Wirtschaftsförderung heute ein hart umkämpftes Geschäft. Nicht nur Kantone, auch Länder buhlen um Arbeitsplätze und um Steuersubstrat. Winkler verweist darauf, dass gerade EU-Länder mit grösserer Kelle anrichten. Staatliche Investitionsbeiträge sind für sie gang und gäbe, während es in der Schweiz einzig bei Steuererleichterungen einen kleinen Spielraum gibt.
In diesem Umfeld müsse der Kanton Solothurn seiner Wirtschaftsförderung ebenfalls einen höheren Stellenwert einräumen, finden die Kantonsräte in ihrem Auftrag. Für Winkler ist klar: «Es braucht einen direkten Zugang in alle Departemente, um Anfragen optimal abzuwickeln.» Deshalb genüge es nicht mehr, die Wirtschaftsförderung dem Amt für Wirtschaft und Arbeit im Volkswirtschaftsdepartement anzugliedern. Es brauche kürzere Dienstwege in Bereiche wie Bildung, Finanzen, Soziales oder Raumplanung.
Die Kantonsräte denken an eine Lösung wie in Baselland, wo die entsprechende Behörde als Stabstelle direkt der Kantonsregierung unterstellt ist. Nach einem rigorosen Umbau der Standortförderung wurde deren Leiter Thomas Kübler zum Delegierten des Regierungsrats ernannt. «Wir haben die Lizenz, direkt mit Abteilungen in anderen Direktionen zu verhandeln», sagte der Schwarzbube jüngst gegenüber der «Basellandschaftlichen Zeitung».
Man verstehe sich als Lobby der Unternehmen gegenüber der Verwaltung. Die Standortförderung funktioniert quasi als Staatssekretariat mit Kompetenzen, die über jene anderer Abteilungen der Verwaltung hinausgehen.
Nachdem die Solothurner Wirtschaftsförderung in den vergangenen Jahren immer mal wieder mit Sparrunden konfrontiert worden ist, kommen nun also offensivere Forderungen aus der Politik. Brauchen die Standortpromotoren mehr Gewicht? Die Kantonsverwaltung äussert sich nicht zu hängigen Vorstössen aus dem Parlament. Und die Organisation der Behörden fällt grundsätzlich in die Kompetenz des Regierungsrats.
Doch auch Sarah Koch, die derzeitige Leiterin der Wirtschaftsförderung, sprach bereits bei ihrem Stellenantritt vor drei Jahren davon, dass bei der Ansiedlung von Unternehmen künftig etwa die Faktoren Erholung und Lebensqualität noch höher gewichtet werden müssten.
Wie die Zusammenarbeit mehrerer Amtsstellen funktionieren kann, zeigt derweil just das Beispiel Biogen. Die Wirtschaftsförderung und das Hochbauamt beteiligten sich von Anfang an gemeinsam an den Gesprächen mit dem Konzern. Das Dossier wurde zur Chefsache erklärt. Bei wichtigen Präsentationen waren bisweilen mehrere Regierungsräte und Spitzenbeamte anwesend. Man habe «Kompetenz demonstrieren» und für alle möglichen Fragen bereit sein wollen.