Startseite
Solothurn
Kanton Solothurn
In der Region gewinnen Beisetzungen in der Natur mehr und mehr an Bedeutung. Eine Ostschweizer Firma betreibt im Solothurnischen mehrere Friedwälder.
«Es ist nicht weit», sagt Thomas Brändle. Der gelernte Forstwart fährt den Waldweg in Oberramsern hoch bis zu einer Kreuzung. Dann geht es zu Fuss weiter auf einem Kiesweg. «Hier ist es», sagt er und deutet auf den Waldabschnitt. Hier liegt der Friedwald. Hier können seit Anfang dieses Jahres Bäume für die Beisetzung der Asche von Verstorbenen gekauft werden.
Spaziergängern fällt das kaum auf. Einzig ein kleines Schild im Waldboden mit dem weiss-blauen Logo der Thurgauer Friedwald GmbH deutet darauf hin. Das und die Buchstaben auf rund 20 Baumstämmen. Sie kennzeichnen die Bäume, die für Bestattungen gekauft werden können.
Der Wald in Oberramsern gehört einem privaten Besitzer. Friedwald hat lediglich die Nutzungsrechte von rund 20 Bäumen erworben und verkauft diese nun weiter. Interessierten schickt die Thurgauer Firma Pläne des Waldes. Auf diesen stellen grüne Punkte Bäume dar, die noch «frei» sind. Rote Punkte stehen für verkaufte Bäume.
Ein Baum kostet zwischen 4900 und 8900 Franken. Der Preis variiert je nach Grösse und Sorte. «Der Waldbesitzer kann den Baum ja nicht fällen und das Holz verkaufen», sagt Friedwaldbetreuer Brändle. Für die Friedwald GmbH lässt ein Baumbesitzer deshalb die Buche oder die Eiche stehen und kriegt dafür das Geld für die Nutzungsrechte. Brändle als gelernter Forstwart betrachtet das als «interessantes Zusatzeinkommen» für Waldbesitzer: «Mit Holz verdient man heute ja auch nicht mehr so viel wie noch vor 30 Jahren.»
Das Thurgauer Unternehmen kauft die Nutzungsrechte für Bäume in einem Waldabschnitt jeweils für 99 Jahre. Der Friedwald in Oberramsern ist also seit Anfang 2017 für fast ein Jahrhundert geschützt.
Pro Baum können zehn Verstorbene beigesetzt werden. Wer das Recht am Baum erworben hat, bestimmt, wessen Asche eingefügt werden soll. So dienen Bäume auch als Familiengrab – oder zur Beisetzung eines Haustieres.
Der Wald in Oberramsern Messen ist der neuste Friedwald-Standort im Kanton Solothurn. Die fünf bisherigen Wälder sind laut Brändle recht gefragt. So sind im Wald bei Nuglar-St. Pantaleon von rund 50 Bäumen gerade noch zwei frei. Auch in Dornach ist weit mehr als die Hälfte des Friedwaldes schon besetzt. «Naturbestattungen sind heute einfach ein Bedürfnis in der Gesellschaft, deshalb bauen wir auch ständig aus», sagt Forstwart Brändle.
Er glaube nicht, dass Religion dabei eine Rolle spiele. «Wer sich für Friedwald entscheidet, hat einfach einen starken Bezug zur Natur oder zu genau diesem Wald.» So kämen die meisten Kunden auch aus der Region. Nach der Gründung des Thurgauer Unternehmens 1993 seien auch Deutsche interessiert gewesen. Damals war der Friedwald in Deutschland noch keine anerkannte Bestattungsform.
Rund die Hälfte der Kunden kaufe einen Baum nach dem Todesfall eines Angehörigen, sagt Brändle. Und die andere Hälfte sorge vor – um den Todesfall schon zu Lebzeiten zu regeln und den Hinterbliebenen später nicht zur Last zu fallen. Nach Angaben von Friedwald kaufen sich Menschen ab etwa 50 Jahren ihren eigenen Baum. Vereinzelt auch Jüngere, die beispielsweise schwer krank sind. So ersparen sie Hinterbliebenen die Grabpflege. Grabschmuck oder Grabsteine wie bei einer traditionellen Bestattung sind im Friedwald nicht erlaubt. Auch Namensschilder an den Bäumen gibt es keine. Brändle hat nicht das Gefühl, er arbeite für ein Bestattungsunternehmen. Denn mit den Beisetzungen hat er nicht viel zu tun.
«Unsere Aufgabe besteht eigentlich nur darin, im Wurzelbereich der Bäume ein Loch für die Asche zu graben», so Brändle. Und die Wälder danach regelmässig zu kontrollieren, sich um die Friedwaldbäume zu kümmern. «Die Idee ist nicht, dass Waldabschnitte mit auffälligen Blumengräbern entstehen», so Brändle. Das sei wohl auch nicht im Sinne der Verstorbenen, die sich einen Baum als letzte Ruhestätte ausgesucht haben. «Ein Friedwald soll ein Wald bleiben – ohne Friedhofsstimmung.»
In Olten wurden vergangenes Jahr 92 Prozent der Verstorbenen kremiert und acht Prozent auf dem Friedhof begraben. Nach Angaben von Alfred Küng, Abteilung Publikumsdienste, gab es 151 Feuer- und zwölf Erdbestattungen. Man stelle auch fest, dass immer mehr Angehörige die Urne mit nach Hause nehmen oder die Asche in freier Natur verstreuen, so Küng. Auch Baumbestattungen sind in Olten ein Thema. «Wir prüfen derzeit, ob eine zusätzliche Bestattungsform mit Einbezug der Bäume möglich wäre», so Küng.
Noch deutlich mehr Feuer- als Erdbestattungen gab es 2016 in Solothurn:131 Solothurner und 890 Personen aus anderen Gemeinden liessen sich kremieren. Im selben Jahr gab es auf dem Friedhof St. Katharinen 17 Erdbestattungen. Die Anzahl Kremationen nimmt auch in Solothurn zu. Zum Vergleich: 1985 wurden 570 Verstorbene kremiert, 41 in einem Sarg bestattet.
Auch in Grenchen gibt es im Vergleich zu Urnenbeisetzungen kaum mehr Erdbestattungen. Im vergangenen Jahr wurden 120 Grenchner kremiert, neun in einem Sarg bestattet. Laut Roland Schär, Chef der Einwohnerkontrolle, werden auf dem Grenchner Friedhof ab September dieses Jahres auch Baum- und Wiesenurnengräber angeboten.(NKA)