Startseite
Solothurn
Kanton Solothurn
Sechs Kandidierende für den Kantonsrat debattierten am Mittwochabend in Solothurn (nicht nur) über frauenpolitische Themen – und Gewerbeschüler diskutierten mit.
Möglich machte dies die Frauenzentrale Solothurn, die - entgegen der eher mageren Frauenbeteiligung auf den Wahlzetteln - gleich auch für eine Frauenmehrheit auf dem Podium sorgte. Das hohe Mass an Frauenpower machte es den beiden männlichen Kandidaten denn auch zeitweise schwer zu Wort zu kommen, weil, wie Kantons- und Regierungsratskandidat Roland Fürst (CVP) und Kantonsratskandidat René Kühne (GLP) feststellten - die Frauen alles immer bereits gesagt hatten. Rund 70 Personen fanden am Mittwochabend den Weg ins Zunfthaus zu Wirthen in Solothurn - neben so mancher Solothurner Politprominenz auch drei Klassen der Gewerbeschule.
GLP: Zu technisch für Frauen?
Noch immer drängen auf den Kandidaten-Listen der Parteien bloss knapp ein Drittel Frauen ins Parlament, das sei erklärungsbedürftig, meinte Moderatorin Elisabeth Seifert (Redaktorin der az Solothurner Zeitung) und forderte die Kandidaten zur Stellungnahme auf. «Wir haben viele starke Frauen im Bucheggberg», meinte dazu Marianne Meister (FDP). Der Sprung vom Mitreden am Küchentisch ins Parlament sei für viele Frauen allerdings zu gross. «Wir müssen die Frauen zuerst dazu gewinnen auf Gemeindeebene zu politisieren.» Dieses Votum konnte auch Claudia Fluri-Halbeisen (SVP) unterstützen: «Frauen fehlt es oft an Selbstbewusstsein. Bei Männern dagegen ist dies anders. Sie treten selbstbewusst auf, auch wenn sie gar keinen Grund dazu haben.» Damit waren ihr die Lacher im Publikum sicher.
Gemurmel löste hingegen das Statement von René Kühne aus, der festgestellt haben will, dass sich in seiner Partei die Frauen nicht wohlfühlten, weil ihnen die Themen zu technisch und naturwissenschaftlich seien. Kein Problem mit einer ausgeglichenen Geschlechtervertretung haben die Grünen. Miguel Misteli meinte dazu: «Unsere Partei hat sich von Anfang an mit Themen beschäftigt, die Frauen interessieren.» Dass die Frauen auch in der SP immer noch untervertreten sind, erklärte Franziska Roth damit, dass die Frauen nebst Beruf und Familie eben noch in vielen Bereichen beschäftigt sind. Nachhilfeunterricht in Sachen Frauengeschichte erhielt auf der Stelle jener Schüler, der sich fragte, ob es nicht besser wäre, einfach die besten Leute zu wählen und sich auf wichtigere Probleme als die Frauenquote im Parlament zu konzentrieren.
Unternehmen fördern Kitas
Zündstoff enthielt die Frage über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die unweigerlich die externe Kinderbetreuung mit einschliesst. «Es braucht Kindertagesstätten, aber nicht auf Kosten des Staates», zeigte sich Fluri überzeugt. Meister wehrte sich vehement gegen staatliche Vorschriften, während sich Roth für qualifiziertes Personal mit Mindestausbildung einsetzte: «Kinder betreuen kann nicht mit dem Suppenschöpfen gleichgestellt werden.» Und: «Alle sind für die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie, aber niemand will dafür bezahlen.» Misteli gestand ein, dass es in ländlichen Gebieten andere Modelle brauche, entpuppte sich aber als grosse Verfechterin von Tagesschulen.
Gegen das Giesskannenprinzip wehrte sich schliesslich auch Roland Fürst. «Man muss das Augenmass bewahren» war sein Lieblingswort des Abends. Einig war man sich mehrheitlich darin, dass auch die Wirtschaft bzw. die Unternehmen vermehrt dafür sorgen müssen, dass Frauen beruflich tätig sein können. Auf dieses Thema direkt angesprochen, meinte Handelskammer-Direktor Fürst: «Im Rahmen des Industrie- und Handelsvereins Thal-Gäu-Bipperamt sind entsprechende Bestrebungen im Gang.»
Einig war man sich in grossen Zügen auch über den Atomausstieg. Über den Weg dorthin hätte man an diesem unterhaltsamen Abend allerdings noch lange diskutieren können. Vom Warten auf den Masterplan über den Wunsch, Bestehendes nicht abzubrechen, bevor das Neue da ist, bis hin zur sofortigen Stilllegung war alles zu hören. Und auch das Thema «Integrative Schule» war noch lange nicht ausdiskutiert, als man sich nach eineinhalbstündiger Debatte zum Apéro begab.