Verfügungen
Fischpassagen für Aare-Kraftwerke müssen saniert werden

Die Flusskraftwerke der Alpiq Hydro Aare AG sollen in Sachen Fischgängigkeit saniert werden. Die Departemente Bau- und Justiz sowie Volkswirtschaft des Kantons Solothurn haben entsprechende Sanierungsverfügungen erlassen.

Hans Peter Schläfli
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Genügt nicht mehr: Die bestehende Fischtreppe des Kraftwerks Flumenthal.

Genügt nicht mehr: Die bestehende Fischtreppe des Kraftwerks Flumenthal.

Hans Peter Schläfli

Das Umgehungsgerinne im Schönenwerder Schachen und der Oberwasserkanal beim Kraftwerk Gösgen werden sich in den kommenden Jahren zu ökologischen Paradiesen entwickeln. Und dann soll es für die Fische noch weiter «obsi» gehen: Das Amt für Umwelt hat der Betreiberin der Kraftwerke Flumenthal und Ruppoldingen eine Verfügung geschickt: Die Alpiq Hydro Aare AG soll mit der Planung moderner Fischpassagen beginnen.

Das neue Gewässerschutzgesetz, das seit 2011 in Kraft ist, bietet dem Staat die Möglichkeit, die Kraftwerke zur Mitarbeit bei der Revitalisierung der Gewässer zu verpflichten. Der Kanton Solothurn hat die Situation bei allen Kraftwerken überprüft und die Prioritäten festgelegt. So hat das kantonale Amt für Umwelt jüngst mit Publikationen im «Amtsblatt» öffentlich Sanierungsverfügungen erlassen. So muss etwa das Kraftwerk Flumenthal, das 1970 den Betrieb aufgenommen hat, seine bestehende Fischpassage bis 2025 sanieren.

Geld aus dem Swiss-Grid-Fonds

Marco Vescovi, Präsident Kantonaler Fischereiverband «Nirgends gibt es so grosse Hechte und Welse wie unterhalb der Kraftwerke: Die Turbinen servieren den Raubfischen laufend zerhackte Fische.»

Marco Vescovi, Präsident Kantonaler Fischereiverband «Nirgends gibt es so grosse Hechte und Welse wie unterhalb der Kraftwerke: Die Turbinen servieren den Raubfischen laufend zerhackte Fische.»

AZ

«Man darf das aber nicht als Strafe verstehen», erklärt Christoph Dietschi, der als stellvertretender Abteilungsleiter Wasserbau zuständig für die Wasserkraftkonzessionen im Kanton Solothurn ist. Ganz im Gegenteil. «Es braucht die Verfügung, damit das Kraftwerk beim Abschluss des Projektes seine Kosten zurückerstattet bekommt.» Bezahlt wird die Sanierung der Fischpassagen nämlich aus dem Swiss-Grid-Fonds. «Wir alle zahlen mit der Stromrechnung einen kleinen Betrag in diesen Fonds ein», erklärt Dietschi das System», das Kraftwerk bekommt am Ende der Arbeiten seine Auslagen zurückerstattet.»

«Wir Fischer werden immer direkt kontaktiert, wenn es um Fragen des Gewässerschutzes geht. Der Kanton Solothurn ist in dieser Beziehung vorbildlich», sagt Marco Vescovi, Präsident des Solothurner Kantonalen Fischereiverbandes SOKFV, über die Zusammenarbeit mit dem Amt für Umwelt. Auch für die Kraftwerkbetreiberin findet Vescovi lobende Worte: «Alpiq Hydro legt grossen Wert auf das ökologische Gleichgewicht.»

Nach eigenen Angaben unterstützt Alpiq rund 50 Revitalisierungsprojekte. Wie die Sanierung genau aussehen soll, das ist noch offen. Jetzt muss das Kraftwerk Fachleute mit der Planung beauftragen. Die jetzige Situation sei aus Sicht der Fischer «besser als gar nichts», sagt Vescovi. «Die Passage aus dem Jahr 1970 stellt für die Egli kein Problem das, für den Aal, die Aesche, die Forelle, die Nase und andere Fische ist sie aber ein fast unüberwindbares Hindernis.»

Gösgen will vorwärtsmachen

Das Fliesswasserkraftwerk Gösgen möchte seine Konzession vorzeitig erneuern, bevor grosse Investitionen ausgelöst werden. Hier ist vorgesehen, dass für die Fische ein richtiger Verbindungsbach zwischen dem Kanal und dem Restwasserarm der Aare erstellt wird. Marco Vescovi findet das eine optimale Lösung, weil die Fische dann in beide Richtungen passieren können.

«Meistens bleibt der Abstieg für die Fische ein unlösbares Problem. Es gibt nur den gefährlichen Weg durch die Turbine.» Vescovi bezeichnet Hochwasserperioden als Glücksfall für die Fische. «Dann sind die Wehre der Kraftwerke offen und die Fische können die Aare hinunter migrieren.» Sonst seien die Turbinen oft die tödliche Endstation für flussabwärts ziehende Fische. Der einen Leid, ist der anderen Freude: «Nirgends gibt es so grosse Hechte und Welse wie gleich unterhalb der Kraftwerke. Hier ist es wie in einem Selbstbedienungsrestaurant für die Raubfische, weil ihnen die Turbinen laufend zerhackte Fische servieren.»

Während beim Kraftwerk Gösgen der Platz für die Schaffung eines Ausweichgewässers vorhanden ist, sieht es in Flumenthal schwieriger aus. Dietschi nennt das Problem beim Namen: «Die Forschung hat bis heute noch keine definitive Lösung dafür gefunden, wie bei so grossen Kraftwerken der Fischabstieg neben den Turbinen vorbei ermöglicht werden soll.»

Chance für Wildwasserkanal?

Der vor kurzem vom Spitzensport zurückgetretene Solothurner Kanute Mike Kurt hätte dazu durchaus einen Vorschlag: Er plädiert dafür, beim Kraftwerk Flumenthal einen Wildwasserkanal zu bauen, der so ganz nebenbei auch noch als Fischtreppe dienen könnte. Christoph Dietschi kennt den Traum, aber er findet, dass «die Anforderungen an einen Fischpass mit den Vorstellungen der Kanuten nicht so einfach zu verbinden wären.»

Vescovi ergänzt: «Da müsste man wohl ein vollwertiges Umgehungsgewässer bauen. Und die Kosten eines solchen Wildwasserkanals würden vom Fonds nicht übernommen – für diese müssten die Kanuten geradestehen.»

Die neuen Fischpassagen sollen so ausgelegt sein, dass auch der Lachs sie überwinden könnte – wenn er denn einmal den Weg zurück bis in die Aare gefunden hat. «Es ist noch ein weiter Weg», sagt der Fischereiverbandspräsident Marco Vescovi. «In Frankreich werden bereits einige Seitenbäche mit Sömmerlingen bestückt und die ersten ganz kräftigen Exemplare schaffen es bis Basel. Aber bis der Lachs zu uns hinauf kommt, müssen wir noch viele Hindernisse aus dem Weg schaffen.»

Die drei Laufwasserkraftwerke der Alpiq Hydro Aare AG auf Kantonsgebiet – Flumenthal, Ruppoldingen, Gösgen – leisten einen respektablen Beitrag zur regionalen Produktion erneuerbarer Energie: Sie erzeugen Strom für rund 150 000 Haushalte.