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Wenn Solothurner 300 Schüler an einer Demo teilnehmen, freut das auch die Lehrerin: Die Solothurner Kantonsschullehrerin Christa Meier über den Klimastreik, engagierte Jugendliche – und was die Schule tut, um sie abzuholen.
Eine 16-jährige Schwedin sorgt für Wirbel, weil sie für das Klima streikt. Im Kanton tun es ihr 300 Jugendliche während zweier Schulstunden gleich. Leser meinten in Kommentaren auf der Online-Plattform dieser Zeitung: Eine scheinheilige Aktion, die kaum etwas bewirkt. Die Jungen hoffen auf Veränderung – und fordern mehr politische Bildung an der Schule. Was eine Geschichtslehrerin der Kantonsschule Solothurn über die aktuelle Bewegung im Kanton und der politischen Bildung an der Schule sagt.
Vor einer Woche nahmen rund 300 junge Menschen am Solothurner Klimastreik teil. Was halten Sie davon?
Christa Meier: Das freut mich als Lehrperson für Geschichte und politische Bildung sehr. Ich finde es grundsätzlich – und gerade für die Jungen – wichtig, dass wir uns mit unserer Welt auseinandersetzen. Nur so kann unsere Demokratie funktionieren.
Nach dem Streik gab es einige Kommentare – Junge wollten nur die Schule schwänzen; Forderungen stellen ohne selbst etwas für das Klima zu tun. War die Aktion nur Lärm um nichts?
Es liegt nicht an uns Lehrpersonen, zu entscheiden, ob dieser Streik «richtig» oder «falsch» war. Es ist wichtig und richtig, dass sich die Jungen engagieren. Das gibt uns Lehrpersonen dann die Möglichkeit, solche Themen aufzugreifen und im Unterricht zu diskutieren – sie mit Themen abzuholen, die sie beschäftigen.
Wie zum Beispiel?
Im 2. und im 4. Jahr an der Kantonsschule nehmen wir jeweils in einem Block das politische System der Schweiz und die Rolle der Schweiz um Ausland durch. In diesem Rahmen versuche ich auch, mit aktuellen Beispielen – bevorstehenden Abstimmungen – zu arbeiten. Oder aber wir laden Parteien ein, sich vor Wahlen vorzustellen.
Sie haben vorhin betont, Sie seien Lehrperson für Geschichte UND politische Bildung. Fehlt das Fach Staatskunde im Stundenplan?
Natürlich wäre eine zusätzliche Lektion Staatskunde und Politische Bildung wünschenswert. Und natürlich finden wir Lehrpersonen immer, dass wir zu wenig Zeit haben (lacht). Aber wenn ich die Belastung der Lernenden heute anschaue, dann weiss ich nicht, ob zusätzliche Lektionen so effektiv wären. Deshalb scheint es mir umso wichtiger, dass in allen Fächern der Bezug zu unserer heutigen Lebenswelt immer wieder gesucht wird.
Interessiert das die Jungen tatsächlich – oder wird manchmal zurecht von ihrem Desinteresse gesprochen?
Das ist natürlich von Klasse zu Klasse unterschiedlich. Und schliesslich gab es in der Geschichte immer Menschen, die gerne in der Öffentlichkeit auftraten und solche, die lieber im Hintergrund gearbeitet haben. Ich finde es aber unfair, allgemein zu behaupten, die Jungen seien nicht interessiert. Damit wird man den Jungen nicht gerecht. Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren – das müssen nicht immer konkrete politische Aktionen sein. Wichtig ist, dass man sich Gedanken über die Aussenwelt macht – und über das eigene Verhalten.
Nicht nur im Unterricht?
Und nicht nur in einem Fach. Das beste Beispiel dafür: Unos con Otros (Anmerkung der Redaktion: Schülerverein, der Unesco-Ziele umsetzen will). Nach dem 9/11 haben sich die Schülerinnen und Schüler dazu entschlossen, mit einer muslimischen Schule eine Partnerschaft einzugehen. Und dies bewusst in einer Zeit, als auf der Welt viele Feindbilder geschaffen wurden. Das hat zu unserer heutigen Partnerschule im Senegal geführt. Und gerade durch einen solchen Austausch wird unseren Jugendlichen sehr bewusst, dass unsere Lernangebote, unsere Schulinfrastruktur und unsere ganze Diskussionskultur nicht einfach selbstverständlich sind.