Wie profitabel ist saubere Energie wirklich? Beim Wirtschaftsapéro in Balsthal gehen die Ansichten zum Thema Swiss Cleantech deutlich auseinander.
«Das ist reine Panikmache, falsch und unseriös!» Nick Beglinger ist sichtlich aufgebracht. Am Donnerstag lief die Vernehmlassungsfrist zur Energiestrategie 2050 aus. Tags zuvor meldete der Dachverband Economiesuisse, die geplante Strategie habe verheerende wirtschaftliche Folgen, die Schweiz riskiere 25 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Kein Wunder, schlug der TV-Beitrag von «10 vor 10» hohe Wellen. Und kein Wunder, zeigt sich Beglinger, Präsident des Wirtschaftsverbands Swiss Cleantech, beim vierten Wirtschaftsapéro in Balsthal empört. Er sagt: Bei der Studie von Economiesuisse sei mit veralteten Modellen, überholten Zahlen und unrealistischen Annahmen gerechnet worden. Die Wahrheit zeichne ein weit besseres Bild einer Schweiz ohne Atomenergie und fossile Brennstoffe.
Kann Cleantech, saubere Technologie, profitabel sein? Das ist die Gretchenfrage bei der Podiumsdiskussion in der Eventhalle von der Jomos AG in Balsthal. Weltbevölkerung und wirtschaftliche Leistungen nehmen zu, natürliche Ressourcen dagegen ab – der Planet wächst nicht mit. Trotzdem oder gerade deswegen setzen in der Region immer mehr Unternehmen auf Effizienz.
Regierungsrätin Esther Gassler zeigt sich überwältigt, aber nicht überrascht ob der vielen Teilnehmer des Wirtschaftsapéros. Sie ist überzeugt: Cleantech lohnt sich auf jeden Fall.
Dass der Kanton Solothurn verstärkt auf grüne Energie setzt, zeigte er letzten Herbst mit der HESO-Sonderschau, die Michel Aebi für 230000 Franken realisieren liess. Er ist Präsident der Unternehmerinitiative Neue Energie Solothurn, und er verweist auf weitere ambitionierte Projekte: Den Windpark auf dem Grenchenberg, der in zwei Jahren Strom für viele Haushalte produzieren soll, oder das mittlerweile schweizweit bekannte Solardorf Hessigkofen. Aebi hält in der Energiefrage wenig von staatlichen Zwängen. «Die Wirtschaft muss überzeugt sein und freiwillig Massnahmen ergreifen.»
Bessere Rahmenbedingungen fordert dagegenBeglinger. Denn grüne Technologien seien ein Wettbewerbsfaktor und damit könne sich die Schweiz gegenüber der ausländischen Konkurrenz differenzieren. Durch grüne Technologien lasse sich zudem die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren und die lokalen KMU stärken. «Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die nachhaltig und liberal ist.» Beglinger sagt auch, dass grüne Firmen finanziell belohnt werden sollen.
Urs Näf, Vertreter der Economiesuisse, will die Kritik Beglingers nicht auf sich sitzen lassen. «Höre ich Ihnen zu, habe ich das Gefühl, wir stecken noch in der DDR.» Für ihn sind politische Massnahmen weit weniger dringend. Die Schweiz stehe punkto Ressourcenschonung sehr gut da. Zudem werde bei den Diskussionen um grüne Energien zu oft die Versorgungssicherheit vernachlässigt. Von Subventionen hält er schon gar nichts. Näf und Beglinger liefern sich ein regelrechtes Wortgefecht. Dem Publikum gefällts. Besonders dem Cleantech-Präsidenten spendet es viel Applaus.
Pragmatischer steht Alex Naef dem Thema gegenüber. Er ist sich sicher, grüne Energie lohnt sich. Der Geschäftsführer der Carrosserie Hess AG in Bellach muss es wissen, liefert sein Unternehmen doch schon jahrelang Busse in alle Welt und vermittelt Know-how über effizienten und umweltschonenden Transport. Die Hess AG baute bereits 1940 den ersten Elektrobus. Das wahre Potenzial, darin sind sich alle Redner ausnahmsweise einig, liegt in der Effizienz. Sie ist die grösste Ressource, über die die Schweiz derzeit verfügt.