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Kanton Solothurn
Die Swiss Shrimp AG aus Rheinfelden, einst als Start-up im solothurnischen Luterbach gestartet, hat die ersten frischen Garnelen an Private versendet. Nun soll das Aktienkapital erhöht werden, damit das Unternehmen langfristig abheben kann.
Als das Licht erlosch, brach Panik aus. «Die Shrimps begannen wie wild umherzuspringen», erinnert sich Michael Siragusa, Chemiker und Gründungsmitglied der Swiss Shrimp AG. Der Schweiss perlt auf seiner Stirn. 30 Grad herrschen hier in der Produktionsanlage in Rheinfelden unmittelbar neben der Saline Riburg.
Das Wasser in den 40 mal 5 Meter grossen Becken ist minim kälter, damit es nicht zu schnell verdampft. Man habe versucht, die Lebensbedingungen der Weissbeingarnelen möglichst genau nachzubilden, so Siragusa. Wie an der Küste Mexikos, wo sie ursprünglich herkommen. Auch die Zusammensetzung des Meereswassers im Golf von Kalifornien hat Siragusa analysiert. Um es quasi zu kopieren. Er sagt: «Deshalb mischen wir verschiedene Salze ins Frischwasser.»
Das ist aber längst nicht alles. Die LED-Lichtanlage ist so eingestellt, dass sie den Tag-Nacht-Rhythmus der Region simuliert. Allerdings haben sie festgestellt, dass komplette Dunkelheit nicht funktioniert. «In der Nacht lassen wir das Licht auf einem Prozent laufen, eine Art Mondlichtsimulation. Wenn es komplett dunkel ist, geraten die Shrimps in Panik. Vielleicht halten sie die Dunkelheit für den Schatten eines Raubvogels, der über ihnen schwebt», spekuliert Siragusa.
Vor über zehn Jahren entstand die Idee, Shrimps in der Schweiz zu produzieren. Zwar begeisterte man quasi auf Anhieb potenzielle Investoren, aber die rieten erst zu einem Pilotprojekt. Ohne Praxis-Erfahrung der Gründer wollte niemand investieren. 2015 bauten sie die Testanlage südlich des Attisholz-Areals, einer der grössten Industriebrachen Europas.
Die Ernte aus der Pilotphase, gegen 400 Kilogramm, versendeten sie unter anderem als Muster an Gastronomie und Detailhandel. «Der Chefkoch des Victoria Jungfrau meinte damals, unsere Shrimps schmeckten, als kämen sie frisch aus dem Meer. Er wäre bereit, für ein Kilo 100 Franken zu bezahlen», erzählt Geschäftsführer und Mitgründer Rafael Waber, während er durch die Anlage führt.
Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Unternehmer. Denn eines wurde spätestens während der Tests klar: Es wird alles noch teurer als gedacht. Waber: «Die Infrastruktur muss top sein. Denn Ausfälle kommen uns teuer zu stehen.» Die Pumpen, die Wasseraufbereitung, die Becken und die Verkabelung – alles von bester Qualität, damit sie unter Salzeinfluss nicht rosten oder anderweitige Probleme bereiten.
Preislich könnten sie nie mit der Tiefkühlware aus Asien mithalten, das war schon vorher klar. Der Fokus auf Nachhaltigkeit und Frische war die logische Konsequenz. Sie verzichten komplett auf Antibiotika. Die Wärme kommt über ein Fernwärmesystem von den benachbarten Salinen, genauso wie ein Grossteil des benötigten Salzes.
Der Sauerstoff für die Wasseranreicherung wird aus Muttenz angeliefert. Rheinfelden sei der ideale Standort, sind Waber und Siragusa überzeugt. Und er ist ein Glücksfall. Denn sie mussten Luterbach, wo das Pilotprojekt stattfand, kurz nach der ersten Ernte verlassen. «Wir waren die Letzten, die dem Bau von Biogen im Weg waren», erinnert sich Waber.
Im April konnten sie auf ihrer neuen Farm in Rheinfelden erstmals ernten. Derzeit fischen sie täglich 50 bis 100 Kilo Shrimps aus den Becken. Von Hand. Dann wandern sie zur Tötung in Eiswasser. Gleichentags werden sie abgepackt und versandt. Innerhalb von 24 Stunden sollen die Garnelen vom Becken in der Pfanne oder auf der Frischtheke eines Detailhändlers landen. Auch Privathaushalte können direkt ab Farm bestellen. Diesen Montag wurden die ersten Frischeboxen ausgeliefert. Ein preisgekröntes Verpackungskonzept, das man eigens für den Shrimp-Online-Vertrieb entwickelt hat.
Noch ist die Produktion nicht auf Vollbetrieb, noch sind nicht alle 16 Becken mit Shrimps gefüllt. Spätestens ab 2020 sollen täglich bis zu 200 Kilogramm Shrimps die Anlage in Rheinfelden verlassen. Bis dahin wollen die Gründer die Abwasser-Nachbereitung verbessern. «Das Wasser soll so sauber sein, dass wir es direkt in den Rhein fliessen lassen können», sagt Waber. Auch wollen sie einen neuen Showroom bauen, um Wissen zu vermitteln. Über Nachhaltigkeit, Umwelt, die Shrimps-Produktion in der Schweiz.
Neue Projekte wie diese werden die letzte Phase des Aufbaus prägen. Deshalb läuten die Gründer eine dritte Investorenrunde ein. Das Eigenkapital soll um vier Millionen Franken erhöht werden. Auch um ein kleines Polster für allenfalls kommende, schwierigere Zeiten zu haben. Das bestehende Aktionariat habe Interesse an Aktien im Wert von rund anderthalb Millionen Franken. «Der Rest geht an Leute auf unserer Warteliste», sagt Waber.
Richtig gelesen, Warteliste. Rund 100 Personen haben bereits ihr Interesse bekundet. Das erstaunt, weil es sich um ein langfristiges Investment handelt. Auf die Schnelle ist keine grosse Rendite zu erwarten. Aber das Thema Nachhaltigkeit hat Zukunft. Das wissen die Shrimp-Farmer genauso gut wie die interessierten Investoren. Und wenn die Shrimps richtig ins Fliegen kommen, werden sie sich über eine nachhaltige Ernte freuen können.