Coronavirus Kanton Solothurn
Die Lage verschärft sich weiter: Das Contact Tracing erreicht seine Grenzen

Grossveranstaltungen werden verboten und der starke Anstieg der Fallzahlen führt dazu, dass Personen nicht mehr rechtzeitig in Quarantäne geschickt werden können.

Rebekka Balzarini
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Virendetektive am Anschlag: Contact Tracing gerät schweizweit unter Druck.

Virendetektive am Anschlag: Contact Tracing gerät schweizweit unter Druck.

Alexandra Wey / KEYSTONE

Nun also doch: Grossveranstaltungen im Kanton sind ab sofort verboten. Betroffen ist auch das bereits bewilligte Spiel des EHC Olten, das nächste Woche stattfindet – die Bewilligung für das Spiel hat der Kanton widerrufen, wie das Gesundheitsamt in einer Mitteilung schreibt. Der Entscheid sei auf Grund der «besorgniserregenden Entwicklung» der vergangenen Woche gefallen.

Der Rückzieher soll das Gesundheitssystem entlasten, denn die steigenden Fallzahlen stellen die Spitäler vor eine Herausforderung: Mit leichter Verzögerung spiegelt sich der Anstieg der Fälle auch in der Zahl der hospitalisierten Personen wieder. «Aktuell können die Spitäler die Lage gut bewältigen», erklärt Gesundheitsdirektorin Susanne Schaffner.

«Der Blick in die Zukunft ist aber beängstigend, deshalb wollen wir handeln.» Stand gestern befanden sich im Kanton 10 Personen in Spitalpflege, im Extremfall könnten im Solothurnischen 40 Intensivpflegeplätze zur Verfügung gestellt werden.

Das Contact Tracing ist überlastet

Das Contact Tracing spielt für die Bekämpfung der Pandemie noch immer eine wichtige Rolle. Aufgrund der hohen Fallzahlen kann es in den Kantonen aber nicht mehr gewährleistet werden, wie Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, am Freitag an einer Medienkonferenz des Bundes erklärte.

«Das Tracing hat an vielen Orten seine Grenzen erreicht, man könnte von einem Getriebeschaden reden», sagte Hauri. Es gelinge in vielen Fällen nicht mehr, den Ursprung einer Ansteckung zu finden.

Auch der Solothurner Kantonsarzt sagte am Mittwoch: «Wir kommen langsam an den Anschlag. Wir müssen keine Spitzen mehr bewältigen, sondern ein kontinuierliches Wachstum». Seither wurden an zwei Tagen rund 100 neue Fälle im Kanton registriert, die Belastung steigt kontinuierlich.

Indexpersonen, also Personen, die sich angesteckt haben, konnte man bis am Mittwoch laut Angaben des Kantonsarztes aber noch telefonisch informieren. Für Personen, die mit infizierten Leuten Kontakt hatten und sich deshalb vorsichtshalber in Quarantäne begeben müssen, ist eine telefonische Betreuung aber nicht mehr möglich. Ebenfalls nicht mehr möglich ist es, diese Personen frühzeitig zu informieren.

Der Redaktion sind Fälle bekannt, in denen Personen, die mit einer auf Covid-19 positiv getesteten Person in Kontakt waren, erst spät vom Contact-Tracing-Team informiert wurden. Zum Teil vergingen zwischen dem Zeitpunkt, an dem eine positiv getestete Person dem Gesundheitsamt die Angaben ihrer Kontaktpersonen schickte, und dem Zeitpunkt, an dem diese vom Contact-Tracing-Team informiert wurden, mehrere Tage.

Die betreffenden Personen haben sich aber von sich aus trotzdem in Quarantäne begeben, weil sie von ihren infizierten Bekannten informiert worden waren. Dies sei im Sinne der Behörden, so das Gesundheitsamt: «Indexpersonen werden angewiesen, enge Kontaktpersonen in Selbstquarantäne zu schicken. Die Quarantäne-Anordnungen erfolgen formell in den nächsten Tagen.»

Zivildienstleistende sollen Unterstützung bringen

Aktuell sind im kantonalen ­Contact-Tracing-Team 25 Personen beschäftigt, die mit den derzeit rund 100 Neuinfektionen pro Tag zurechtkommen müssen. Um die Angestellten zu entlasten, will der Kanton zusätzlich Zivildienstleistende beschäftigen. Man habe beim Bundesamt für Zivildienst einen Antrag gestellt, um 10 bis 20 ­Zivildienstleistende einsetzen zu können, so das Gesundheitsamt auf Anfrage.

Bis diese einsatzbereit sind, dauert es allerdings noch einige Wochen. Inzwischen werde das Team von Reservepersonal aus der Verwaltung unterstützt.