Startseite
Solothurn
Kanton Solothurn
Die Idee mit dem lukrativen Nebenverdienst Hanfzucht hat sich nicht bewährt. Das Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt präsentierte einem Kleinunternehmer nun die Quittung.
Ein 34-jähriger Familienvater und Kleinunternehmer hatte – wie er heute selber sagt – die dumme Idee, mit einer Indoor-Hanfplantage im äusseren Wasseramt einen Nebenverdienst zu generieren. Er kaufte sich professionelle Geräte und richtete 2013 in seinem Lagerhaus eine Plantage mit Kunstlicht ein.
In einem Jahr verkaufte Rudolf L.* rund zwölf Kilogramm getrocknetes Marihuana und als die Plantage 2015 ausgehoben wurde, standen dort schon wieder 2500 erntereife Hanfpflanzen, die zu weiteren 25 Kilogramm Marihuana verarbeitet werden sollten. Das Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt verurteilte den Schweizer deshalb wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, die auf Bewährung ausgesetzt wird.
Eigentlich hätte der Fall alle Voraussetzungen für ein verkürztes Verfahren erfüllt: Der Angeklagte, kooperativ, geständig und bestens in die Gesellschaft integriert, war bereit, die durch die Staatsanwaltschaft vorgeschlagene Strafe zu akzeptieren und für den angerichteten Schaden zu bezahlen.
Doch da war noch ein hartnäckiger Privatkläger: Der kleine Stromversorger Elektra äusseres Wasseramt (EAW) verhinderte mit einer astronomischen Forderung von 237'891 Franken für illegal bezogenen Strom einen Deal zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung.
Wie absurd hoch diese Forderung war, belegte die Studie eines Energieexperten: Der Stromzähler wäre einer solchen Stromleistung nicht gewachsen gewesen und sämtliche Sicherungen wären geschmolzen, steht in der Expertise.
Das Gericht schlug einen Vergleich vor: Rudolf L. soll der EAW 15'000 Franken zahlen – also 16 Mal weniger – und der Kleinst-Stromversorger zieht sich als Privatkläger zurück. Beide Parteien akzeptierten diesen Vergleich und damit war der exotische Anklagepunkt «unrechtmässige Entziehung von Energie» vom Tisch.
Obwohl seine Analyse mit dem Vergleich überflüssig geworden war, verteilte der Energieexperte das Papier an alle im Gerichtssaal Anwesenden. In der Expertise standen interessante Fakten: Die astronomische Forderung entspreche etwa einem Jahresgewinn des Kleinst-Stromversorgers und die Verantwortlichen der EAW wollten mit der Privatklage ganz einfach die Angst des Angeklagten vor einer Gefängnisstrafe in Bargeld ummünzen, meinte der Experte.
Die EAW habe auch ihre statutarischen Pflichten verletzt. Bei einem derart schlagartigen Anstieg des Stromverbrauchs hätte der Stromversorger im März 2013 die Installationen sofort überprüfen müssen. Ursache hätte nämlich auch ein für den Kunden lebensgefährlicher Schaden sein können. Die EAW habe aber lieber während zwei Jahren extrem hohe Stromrechnungen einkassiert und direkt von der illegalen Hanfplantage profitiert.
Eigentlich hätte es Rudolf L. finanziell gar nicht nötig gehabt, eine Indoor-Plantage zu betreiben. Die Staatsanwaltschaft attestierte ihm «grosses unternehmerisches Talent», denn neben der illegalen Hanfplantage habe er bereits zwei gut laufende und vor allem legale Unternehmen gegründet. «Man spürt, dass er mit beiden Füssen auf dem Boden steht und etwas seriöses aufbaut», sagte sogar Staatsanwalt Raphael Stüdi und forderte für das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz eine bedingte Freiheitsstrafe von 22 Monaten. Der Verteidiger beantragte eine Freiheitsstrafe von maximal 16 Monaten.
Mit 20 Monaten, ausgesetzt auf Bewährung, lag das Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt mit dem Urteil zwischen den Anträgen. Zudem muss Rudolf L. die Verfahrens- und die Untersuchungskosten bezahlen. Die relativ milde Strafe begründete Gerichtspräsident Ueli Kölliker mit der Einsicht des Beschuldigten: «Es darf davon ausgegangen werden, dass er nun geläutert ist und nur noch im legalen Bereich geschäftstätig sein wird.»
Allerdings gab es noch einen weiteren Schuldspruch: Weil Rudolf L. 2015 unentschuldigt nicht in den Zivilschutz-Wiederholungskurs eingerückt war, muss er auch noch eine Busse von 150 Franken zahlen.
Name von der Redaktion geändert