Kommunikation
Die GAW hat das Herz ihrer Kopfstation gewechselt

Fast jeder nutzt das Internet, meist weiss er aber nicht, was technisch dahinter steckt. Die GA Weissenstein hat nun das Herzstück ihrer Kopfstation in Zuchwil ausgewechselt. Eine Nachtaktion, die vollste Konzentration abverlangt.

Julian Perrenoud
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Die dritte Einheit von links ist das neue Herzstück (CMTS), die fünfte Einheit ist die alte CMTS
13 Bilder
Die Gemeinschaftsanenne Weissenstein wechselt ihr Herzstück in Zuchwil
GAW wechselt ihr Herzstück. (1)
Helmut Both
GAW wechselt ihr Herzstück
Die Aktivität auf der alten Anlage sind nur noch schwach
Bruno Kopp (Leiter Betrieb), Helmut Both (Leiter Umbau von Signum Engineerung GmbH Inwil), Marcel Eheim GAW
Bruno Kopp auf der Rueckseite des CMTS
Mischa Chevre von Infracom Swiss AG Suhrsee überprüft die Anschlüsse auf der Rückseite der Laser

Die dritte Einheit von links ist das neue Herzstück (CMTS), die fünfte Einheit ist die alte CMTS

Hansjörg Sahli

Ein Augenschein vor Ort. Ein zehnköpfiges Team im Hauptgebäude der Regioenergie in der Zuchwiler Aarmatt.

Der Fachjargon: Eine Mischung aus Chirurgen-Deutsch und Technik-Kauderwelsch. Von 23 Uhr nachts bis 7 Uhr morgens stehen die Spezialisten «unter Strom». Fehler sind nicht erlaubt.

Fleissige Internetnutzer mögen es gemerkt haben – in der Nacht auf Dienstag stand das gesamte Netz der GA Weissenstein (GAW) still. Kein Totalausfall, sondern eine lang geplante Aktion, um das Netzangebot für die Kunden zu verbessern.

22:30 Uhr. Marcel Eheim steht im hell erleuchteten, obersten Stock. Der Geschäftsleiter der GAW wirkt entspannt, obwohl eines der grössten Projekte der letzten Jahre ansteht.

Eine Operation am offenen Herzen sozusagen. Sein Team wechselt das zentrale Element der Kopfstation aus. Während Stunden wird das Herz der Anlage klinisch tot sein, bevor es dann Gemeinde für Gemeinde zurückkehrt. Es rechnen die Rechner und rattern die Lüfter.

«Okay, dann toitoi!»

Helmut Both steht an der offenen Verschalung, einem geordneten Labyrinth aus Steckern und Kabeln, und notiert. Der Projektleiter ist angespannt, Zeit für ein kurzes Interview hat er nun wirklich nicht.

22:45 Ihr. Auf der anderen Seite der Anlage sitzt Dominik Studer, Geschäftsführer von Signum Engineering, er überwacht und protokolliert jeden Schritt des Teams.

«Wir sind viele Leute, denn die Zeit ist äusserst knapp.» Jeder Spezialist sei einem ganz bestimmten Bereich zugestellt, und nur dem.

Es ist eine repetitive Arbeit, fast wie am Fliessband. «Nur müssen wir dabei mehr überlegen», sagt Studer.

23:00 Uhr. «Sind wir bereit?» Eheim blickt in die Runde. «Okay, dann toitoi!» Die Spezialisten formieren sich um die Kopfstation und das Herz. Noch leuchten seine Lichter, noch sind alle Kabel angeschraubt.

«Wir können starten, endlich», sagt ein Techniker. Seit Monaten hat sich das Team für diese Nacht vorbereitet, hat unzählige Tests durchgeführt, einen genauen Ablauf erstellt, vorgeschlafen, ist nochmals instruiert worden und folgt einem minutiösen Zeitplan mit Mehrfachkontrollen.

Dann ist es passiert, kaum hörbar zwar, aber das Leben aus dem alten Herz ist gewichen, jeder steht auf seinem Posten, vorne, hinten, das Entkabeln und neu Verkabeln kann beginnen.

«Falls etwas passiert, bin ich da»

23:30 Uhr. Es ist wie bei einem chirurgischen Eingriff. Hier sind die Venen, die roten Kabel, über die vom Rechenzentrum alle Netzleistungen zu einem Laser übertragen werden und von dort direkt in die Haushalte der 32 angeschlossenen Gemeinden.

Die blauen Kabel, die Arterien, bringen das Signal wieder zurück. Wie auf einen Schlag verfügen sie alle über kein Internet mehr. GAW-Geschäftsleiter Eheim und Bruno Kopp, Leiter Betrieb, witzeln: Jetzt steige dann die Geburtenrate wieder.

Kopp, grosse Statur, die Füsse in festen Schuhen, nennt sich selber den Joker dieser Nacht. «Falls irgendetwas passiert, bin ich da.»

Das gesamte GAW-Team ist auf Pikett, zwei Mitarbeiter stehen bereit, falls Sendeprobleme auftreten sollten.

Eine Sisyphusarbeit – nach Plan

00:30 Uhr. Die Operation verläuft nach Plan, auch dank guter Vorarbeit. Seit Ende November läuft das neue Herz bereits Probe neben dem alten, alle frischen Kabel sind an die bestehenden gebunden.

Jetzt müssen sie nur umgesteckt werden. Und doch: Es ist eine Sisyphusarbeit, denn das Netz wird von 30 auf 64 Segmente aufgestockt, die Download-Bandbreite und die Leistung des neuen Herzens vervielfachen sich damit.

Das hat seinen Preis: Etwa eine Dreiviertelmillion Franken kostet das gesamte Projekt.
01:30 Ihr. Alle da. Die Stadt Solothurn ist bereits wieder online, weitere Gemeinden folgen stündlich.

An letzter Stelle steht Koppigen-Willadingen. Studer, der die Vorgänge überwacht, ist hochzufrieden. «Alles läuft super.»

05:00 Uhr. Der chirurgische Eingriff in der Kopfstation ist bereits abgeschlossen, letzte interne und externe Checks von Mitarbeitern verlaufen positiv.

Die Daten fliessen durch das neue Herz, es pumpt weitaus kräftiger als zuvor. Geschäftsleiter Eheim ist bereits wieder auf den Beinen.

«Es ist sehr gut ausgegangen, besser als erhofft.» Für ihn beginnt ein langer Tag. Das Einsatzteam hingegen kann das warme Bett kaum erwarten.