Staatsgebühren
Die Busse ist nur die Hälfte der Strafe beim Fahren im angetrunkenen Zustand

Strafbefehle der Solothurner Staatsanwaltschaft sind teure Papiere. 0,11 Promille über den zugelassenen 0,5 Promille kosten ca. 700 Franken. Grundsätzlich liegt das im Durchschnitt. Allerdings kommen dann noch etliche Kosten dazu.

Marco Zwahlen
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Über 0,5 Promille? Der Test zeigts.

Über 0,5 Promille? Der Test zeigts.

Keystone

Mea culpa - 0,61 statt der erlaubten maximal 0,5 Promille zeigte der Test bei einer Polizeikontrolle an. Strafe muss sein, da gibt es nichts zu beschönigen. Die Polizisten waren freundlich, aber ebenso bestimmt. Sie haben ihren Job gut gemacht, erklärt, dass es sich bis 0,79 Promille um ein unqualifiziertes FiaZ (Fahren im angetrunkenen Zustand) handelt. Ein leichtes Vergehen.

So weit, so gut. Zwölf Tage nach dem Delikt folgt eingeschrieben der Strafbefehl der Solothurner Staatsanwaltschaft. 700 Franken die Busse, was schweizweit üblich ist, und 350 Franken Verfahrenskosten, wovon 300 Franken als Staatsgebühr und 50 Franken als «Kosten Polizei etc.» - für den Alkoholtest - deklariert werden.

Damit liegt Solothurn landesweit im Durchschnitt. In diesen Verfahrenskosten fehlen allerdings noch jene der Motorfahrzeugkontrolle, welche über Administrativmassnahmen (Verwarnung, Ausweisentzug,...) entscheidet. Wenn aber schon alleine ein neuer Fahrzeugausweis in Folge Versicherungswechsel 50 Franken kostet, kann man sich denken, was da noch an Staatsgebühren folgen wird.

Rechtsprechung des Bundesgerichts

Als Privatperson - nicht als Journalist - verlange ich Auskunft bei der Staatsanwaltschaft. Konkret: Eine Auflistung mit Zeitaufwand der Verfahrenskosten. Beim Strafbefehl handelt es sich um einen Standartbrief, bei dem lediglich die bereits von der Polizei an Ort und Stelle überprüften Koordinaten des Adressaten sowie Ort, Zeitpunkt und Promillehöhe individuell eingesetzt werden müssen.

Und das soll 300 Franken kosten? Eine Frage, auf die mir der Untersuchungsbeamte am Telefon eine Antwort schuldig bleibt. Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichtes gilt für Staatsgebühren das Äquivalenzprinzip: Sie sollten demnach den tatsächlich erwachsenen Aufwand nicht erheblich überschreiten.

Darauf angesprochen gibt der Untersuchungsbeamte zu verstehen, dass das Bundesgericht nicht das Mass aller Dinge sei. Ich könne ja Einsprache machen, dann werde das Ganze ans Gericht weitergeleitet und noch teurer werden. Das tönt fast wie eine Drohung.

Degressive Festsetzung

Solche «Auskünfte» wecken den Berufsinstinkt. Wie rechtfertigt Oberstaatsanwalt Felix Bänziger die Höhe der Gebühren? «Ich bin überzeugt, dass die Verwaltungsgebühren den tatsächlich erwachsenen staatlichen Aufwand nicht (erheblich) überschreiten», antwortet er auf Anfrage.

Rechtsbasis sei der Gebührentarif des Kantonsrates. Demnach verrechnen Staatsanwälte und Untersuchungsbeamten für Strafbefehle eine Gebühr zwischen 50 und 15000 Franken. Angesichts der Masse der Geschäfte (ca. 25 000 Fälle im Jahr) habe sich die Staatsanwaltschaft seit jeher veranlasst gesehen, Richtlinien zu erlassen.

Diese seien jedoch nicht öffentlich, erläutert der Oberstaatsanwalt. Da die Gebühren nicht nur in einem gesunden Verhältnis zum Aufwand stehen, sondern auch nicht stossend hoch im Verhältnis zur ausgefällten Sanktion sein sollen, werden diese in der aktuellen Richtlinie degressiv bestimmt. Zum Beispiel:

100 Franken für Bussen bis zu 150 Franken, wobei «die Minimalgebühr von 100 Franken nie kostendeckend ist», so Bänziger. Und für alle zum Aufschreiben: Für Bussen über 500 Franken und Vergehensstrafen sehe die Richtlinie eine Gebühr von 250 bis 500 Franken (ohne Einvernahme) beziehungsweise 500 bis 1000 Franken (mit Einvernahme) vor.

Im Falle des unqualifizierten FiaZ betrage die Regel-Pauschalgebühr 300 Franken. Dies ungeachtet der Höhe der Busse (600 Franken für 0,5 bis 0,59 Promille, 700 Franken für 0,6 bis 0,69 Promille, 700 Franken für 0,7 bis 0,79 Promille).

Für einen guten Zweck

Zum in Frage gestellten Zeitaufwand der Staatsanwaltschaft sagt Bänziger: «Dieser besteht mindestens in der Entgegennahme der Anzeige, elektronisch und papieren, der Erfassung/Kontrolle der Daten, der Produktion des Strafbefehls, der Kontrolle durch den Untersuchungsbeamten, der Erfassung des Strafbefehls in der Buchhaltung, dem Versand an den Beschuldigten mit Porto, der Rückerfassung der Gerichtsurkunde, der Rechtsmittelkontrolle und dem Versand an die übrigen Adressaten, insbesondere an die Gerichtskasse.»

Dazu kämen in vielen Fällen der Aufwand für Rückfragen des Beschuldigten - «wie vorliegend», so Bänziger. Weiter « natürlich der Aufwand für die Grundausstattung der Staatsanwaltschaft (Overhead, Mieten, Informatik etc.).» Wichtiger sei aber:

«Der Gebührenaufwand soll nicht unbedingt nur den staatsanwaltschaftlichen Aufwand decken, sondern darf in Zusammenhang gebracht werden zum Aufwand des Staates insgesamt.» Insbesondere den Aufwand der Gerichtskasse (Inkasso) und den Personalaufwand der Polizei. Verursacherprinzip nennt sich das.

Wie auch immer - Fahren in leicht angetrunkenem Zustand kommt teuer zu stehen. Eine hohe Busse ist angebracht. Aber die zusätzlichen, hohen Staatsgebühren? Als Trost bleibt jedem, dass diese offenbar mithelfen, dass die Staatsanwaltschaft überhaupt ein Büro hat und mit Computern arbeiten kann. Was sagen böse Zungen über Amtsstellen? Steuern zahlt der Bürger, damit die Verwaltung für ihn da ist - Gebühren, damit die Verwaltung für den Steuerzahler arbeitet.