Auf einen Kaffee mit...
Derendinger spielt Hauptrolle in Kinofilm – und träumt von den Solothurner Filmtagen

Auf einen Kaffee mit ... Sandro Stocker. Der 27-jährige Schauspieler aus Derendingen spielt die Hauptrolle im Kinofilm Schwerelos.

Hans Peter Schläfli
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Sandro Stocker spielt in «Schwerelos» seine erste Spielfilm-Hauptrolle.

Sandro Stocker spielt in «Schwerelos» seine erste Spielfilm-Hauptrolle.

screenshot/Youtube

Ein junger Mann verliert bei einem Unfall seine Mutter und bleibt querschnittgelähmt. Ein ebenfalls auf den Rollstuhl angewiesener Freund will seinen Traum verwirklichen und einen Berg besteigen. Das Abenteuer mit Sandro Stocker in der Hauptrolle kann beginnen. «Mehr will ich von der Geschichte nicht verraten», sagt der 27-jährige Derendinger. Schliesslich sollen sich die Leute den Kinofilm «Schwerelos» anschauen.

Als junger Fussballer beim FC Luterbach hob sich Sandro Stocker nicht unbedingt als das grösste Talent heraus, aber er gab in jedem Training sein Bestes und wurde dank seiner Zuverlässigkeit zu einer Teamstütze. «Zuverlässigkeit ist heute keine weitverbreitete Charaktereigenschaft mehr, gerade unter Schauspielern», meint Stocker. «Als mich in der Szene noch niemand kannte, half mir meine Seriosität.

Man glaubt nicht, wie viele Schauspieler unpünktlich sind und Termine im letzten Moment absagen. Es hat sich rasch herumgesprochen, dass man sich auf mich verlassen kann und so bin ich bei den Regisseuren positiv in der Erinnerung geblieben.» Das absolute Commitment, selbst wenn es nur um einen Kürzestauftritt in einem Werbespot geht, wurde zu Sandro Stockers Markenzeichen. Eine Tür nach der anderen öffnete sich.

Keine leichte Jugend; Zuflucht im Theater

Wenn er in der Gegend ist, dann trinkt Sandro Stocker seinen Kaffee gerne in der Derendinger Bäckerei Laube, weil er in der Nähe aufgewachsen ist.

Hans Peter Schläfli

Auf der Bühne des Schulzentrums «DeLu» begann er mit dem Theaterspielen. «Als ich 13 Jahre alt war, starb meine Mutter. Darunter litt ich sehr. Auf der Bühne konnte ich das etwas vergessen und in der Rolle aufleben», blickt er zurück. Er schloss sich der «Mausefalle» an und machte weiter Theater. «Da habe ich mich entschieden, mein Hobby zum Beruf zu machen und Schauspieler zu werden.»

Dann hat er an der European Film Actor School in Zürich studiert. «Ich hatte das grosse Glück, dass beim Eurostudio Landgraf am Titisee ein Schauspieler ausfiel, der etwa meinem Typ entsprach. Das ist eine sehr gute Referenz, die mir viele Türen geöffnet hat.» Theater und Kurzfilme folgten. Zum letzten Mal auf der Bühne zu sehen war er im Winter in Luzern im Musical «Heiweh – Fernweh» mit Hauptdarsteller Bo Katzmann. «Ich bekam einen Anruf von Max Sieber (Anmerkung der Redaktion: Benissimo-Produzent). In seinem Büro sah ich die Benissimo-Kugel und war beeindruckt. Ich musste vorsingen und wurde gleich für das Musical engagiert.»

Sandro Stocker (rechts) in einer Szene von «Heiweh-Fernweh»

Sandro Stocker (rechts) in einer Szene von «Heiweh-Fernweh»

LZM

Lockdown in Uniform: als Soldat Geld gespart

Bis Ende August stand Stocker noch bei einem kleinen Theater unter Vertrag, aber die Auftritte mussten abgesagt werden. «Die ganze Coronasituation hat uns Schauspieler hart getroffen, aber der Markt ist dabei, sich neu zu orientieren. Deshalb gehe ich jetzt nach Berlin. Ich hoffe, dass sich schon bald neue Projekte ergeben und dann will ich dort dabei sein.»

Dieses Abenteuer kann sich Sandro Stocker leisten, weil er sich als Soldat ein finanzielles Polster angespart hat. «Ich habe mich freiwillig gemeldet, als im Lockdown Soldaten für den Dienst an den geschlossenen Grenzen gesucht wurden. Mir hat es im Militär immer gut gefallen und es hat auch den Vorteil, dass man kein Geld für Kleider, Krankenkasse und Essen ausgeben muss.» Das Gefühl, in Uniform an der Grenze zu stehen, sei schon sehr speziell. «Ich hatte auch Bürodienst im Hauptquartier in Bern, dem Schweizer Pentagon. Es war sehr interessant zu sehen, wie die hohen Offiziere eine eigene Sprache verwenden und ganz spezielle, hierarchische Protokolle einhalten. Vielleicht kann ich das einmal in einer Rolle anwenden.»

Ein gesuchter Latino in der hiesigen Filmszene

Sandro Stocker ist Schweizer, aber seine peruanische Seite ist unübersehbar. Führt dies zu einem gewissen Rassismus? «Man muss als Schauspieler auch mit diesen Klischees spielen und sich nicht dagegen wehren», meint Stocker. «Ich habe dank meinem Migrationshintergrund meine ersten Rollen bekommen. In Peru wäre für mich die Konkurrenz viel härter, weil viele ähnlich aussehen wie ich.» Dank der Ähnlichkeit mit einem Mordopfer spielte er auch schon in «Aktenzeichen XY ungelöst». «Ich besuchte vorher zusammen mit dem Regisseur die Familie des Opfers, die mich in der Rolle ihres Sohnes akzeptieren musste. Damit war auch eine grosse Verantwortung verbunden.»

Die Hauptrolle im neusten Film «Schwerelos» ist ein junger Mann im Rollstuhl. Auch das keine einfache Aufgabe. «An einem Set habe ich Dominik Rüedi kennen gelernt, der Rollstuhlfahrer ist. Wir haben uns angefreundet. Dann hat er ein autobiografisches Drehbuch geschrieben und mich gefragt, ob ich die Rolle übernehmen und ihn spielen möchte.» Als Erstes habe er im Paraplegikerzentrum Nottwil gelernt, wie man mit dem Rollstuhl fährt. «Es brauchte viel Überwindung, bis ich mich alleine mit dem Rollstuhl auf die Strasse wagte und einkaufen ging. Es ist wirklich nicht einfach.»

Die Premiere in Winterthur war ein Erfolg und nun wird «Schwerelos» an verschiedenen Festivals gezeigt. Sandro Stocker hat eine Hoffnung: «Cool wäre es, wenn uns die Solothurner Filmtage ins Programm aufnehmen würden.»