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Kanton Solothurn
Der Verband der Einwohnergemeinden VSEG interveniert bei Doris Leuthard wegen des Poststellen-Abbaus und versorgt Mitglieder mit Muster-Einsprachen.
Lediglich für 23 von aktuell noch 44 Poststellen im Kanton Solothurn garantiert die Post den Erhalt, und das auch nur bis 2020. 21 Poststellen werden im Status «zu überprüfen» geführt, was faktisch nichts anderes bedeutet als: Die Schliessung ist im Prinzip beschlossene Sache. Für diese Poststellen sucht man Alternativlösungen, meist sind das sogenannte Agenturen, zum Beispiel Dorfläden, in denen zumindest ein Teil der Postdienstleistungen angeboten wird. Das gab die Post Mitte Mai bekannt. Betroffen sind nicht nur Postfilialen in abgelegenen Dörfern, sondern auch in grösseren Gemeinden wie Bettlach, Selzach oder Dulliken, auch in der Stadt Solothurn will die Post drei Standorte aufheben.
Mit ihren Plänen stösst die Post landesweit auf Unverständnis, auch bürgerliche Politiker wie Solothurns Stadtpräsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri finden, das Unternehmen müsse bei seiner Umstrukturierung «auf die Bremse treten». Das Problem ist nur: Solange sich die Post an die gesetzlichen Minimalvorgaben bei der Entwicklung des Poststellennetzes hält, sind das fromme Wünsche.
Als das Unternehmen letzten Monat die Pläne für den Kanton Solothurn publik machte, zeigte man sich beim Kanton sogar recht zufrieden mit dem Ergebnis. Volkswirtschaftsdirektorin Esther Gassler hatte Verhandlungen mit der Postspitze geführt und dabei immerhin erreicht, dass sieben bereits dem Ende geweihte Poststellen wieder von der Abschussliste genommen wurden.
In den Dörfern, wo dennoch in absehbarer Zeit die Post nicht mehr abgeht, ist das ein schwacher Trost. Für sie wirft sich nun der Verband der Einwohnergemeinden VSEG in die Bresche. Der Vorstand habe sich eingehend mit dem Thema beschäftigt und «Gegenmassnahmen» beschlossen, teilte der Verband nun mit. Auch wenn sich das Konsumentenverhalten bezüglich Postdienstleistungen verändert habe, gehe der angekündigte Abbau doch «viel zu weit».
Die beschlossenen «Gegenmassnahmen» bestehen im Wesentlichen aus einem Protestschreiben an Bundespräsidentin Doris Leuthard und dem Entwurf einer Muster-Einsprache, die alle betroffenen Gemeinden bei der PostCom (eidgenössische Aufsichtsbehörde) einreichen sollen. Eine Agenturlösung stelle für den gesetzlich definierten Postversorgungsauftrag keine adäquate Versorgungslösung dar, der Schliessungsentscheid sei nicht richtig und vor allem nicht durch das eidgenössische Parlament legitimiert, eine rein wirtschaftliche Begründung für einen Schliessungsentscheid stehe im Widerspruch zum gesetzlichen Grundversorgungsauftrag, heisst es in der Muster-Einsprache.
Doris Leuthard hat gerade am Dienstag vor dem Nationalrat wieder erklärt, dass sich für den Bundesrat keine dringlichen Massnahmen aufdrängen, da die Post die gesetzlichen Grundlagen zur Erreichbarkeit einhalte. Und die PostCom beurteilt die Situation zwar als unbefriedigend, sieht sich mangels strengerer gesetzlicher Minimalvorgaben für den Service public aber auch einigermassen machtlos.
Sind die «Gegenmassnahmen» des Solothurner Einwohnergemeindeverbands also auch nicht mehr als hilfloser Aktivismus? Geschäftsführer Thomas Blum will das selbstverständlich nicht so stehen lassen. Auch wenn die Einsprachen vielleicht nicht unmittelbar juristisch wirksam seien, so seien sie in geballter Ladung doch ein politisches Druckmittel und ein klares Signal an das eidgenössische Parlament, einen schleichenden Abbau nicht einfach tatenlos hinzunehmen. «Die Gemeinden sind die legitimierten Hauptakteure, um den Unmut zu artikulieren», so Blum. Die Forderung an den Bundesrat: Der Poststellen-Abbau ist zu stoppen, bis die für Herbst angekündigte Bedarfsanalyse zu den Postdienstleistungen vorliegt und die «Grundsatzdiskussionen zum zukünftigen Postauftrag geführt sind».