Interview
Christian Imark: Der Mann mit dem Ziel, den Linksdrall zu stoppen

Für den neuen SVP-Präsidenten Christian Imark ist klar: Der Linksrutsch in der Regierung wird spürbar sein. Für ihn auch eine Chance, sich mit der eigenen Partei in der Kantonalpolitik stärker zu profilieren.

Urs Moser
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Christian Imark hat mit 35 Jahren schon eine steile politische Karriere hinter sich.

Christian Imark hat mit 35 Jahren schon eine steile politische Karriere hinter sich.

Hanspeter Bärtschi

Nationalrat Christian Imark übernimmt die Führung der Solothurner SVP. Ihm zu Seite stehen vier Vizepräsidenten mit klar zugeteilten Aufgabengebieten: Die Kantonsräte Beat Künzli aus Laupersdorf (Stellvertreter, Kontaktmann für die Amteiparteien), Christine Rütti aus Balsthal (Parteianlässe), Rémy Wyssmann aus Kriegstetten (Asyl- und Ausländerpolitik, Sicherheit und Justiz), Richard Aschberger aus Grenchen (Wirtschaftsthemen, KMU und Verkehrsinfrastruktur).

Im Interview erklärt Präsident Imark, wie er das spezifisch solothurnische Profil der Kantonalpartei schärfen will.

Neben dem Nationalratsmandat noch das Präsidium der Kantonalpartei; mussten Sie lange überlegen, ob Sie sich das zumuten wollen?

Christian Imark: Nein, ich habe immer gesagt, dass ich zur Verfügung stehe, wenn die Partei mich braucht. Das heisst aber nicht, dass auch von Anfang an klar war, dass ich das Präsidium übernehmen würde. Wir haben in der Parteileitung sorgfältig überlegt, welche Strukturen und Funktionen es im Präsidium braucht, damit wir optimal wirken können. Und erst dann ging es darum, mit welchen Köpfen diese Positionen am besten besetzt werden können.

Es heisst, ein Nationalratsmandat benötigt mindestens ein 50-Prozent-Pensum. Und als Kantonalpräsident wird von Ihnen Präsenz im eigenen Kanton verlangt. Würden Sie sich noch als echten Milizpolitiker bezeichnen?

Ganz klar ja. Ich führe mit einem Geschäftspartner zusammen eine Firma. Es ist mir ganz wichtig, den Kontakt zur Arbeitswelt beizubehalten. Natürlich wird die zeitliche Belastung dadurch hoch, aber nur so funktioniert unser System, dahinter stehe ich hundertprozentig.

Es ist für die Partei sicher ein Vorteil, mit einem Nationalrat eine bekannte Persönlichkeit an der Spitze zu haben. Aber ist man als Bundesparlamentarier auch nahe genug dran an der Kantonalpolitik?

Die Frage ist berechtigt. Man muss sich diese Nähe erarbeiten. Zum Beispiel indem man engen Kontakt zur Kantonsratsfraktion pflegt und an den Fraktionssitzungen teilnimmt.

Auf welche Themen legen Sie den Fokus?

Die Palette ist natürlich breit, aber die neue Struktur des Präsidiums mit einem Ressortsystem zeigt die Fokussierung. Wir haben zwei Vizepräsidenten, die den Lead in den Themenbereichen Ausländer- und Asylpolitik sowie Wirtschaftspolitik/KMU übernehmen. Die Standortpolitik ist für uns sicher ein ganz zentrales Thema.

Der Kanton leidet darunter, dass Arbeitsplätze in der traditionellen Grossindustrie verloren gehen. Was kann, was soll die Politik tun?

Natürlich können wir einen strukturellen Wandel nicht einfach aufhalten, schon gar nicht allein als Kanton. Umso wichtiger ist es, dass wir von der Politik her die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft so setzen, dass der Standort Solothurn attraktiv ist. Das heisst möglichst wenig bürokratische Vorschriften, ein schlanker Staat, moderate Steuerbelastung.

Der Kanton ist strukturschwach. Gibt es überhaupt Spielraum, ein attraktiveres steuerliches Umfeld zu schaffen ohne andere Standortfaktoren wie Infrastruktur, Bildungsangebote oder soziale Sicherheit zu vernachlässigen?

Es muss für die Politik eine Daueraufgabe sein, diesen Spielraum zu schaffen und zu erhalten. Wenn eine staatliche Leistung vor fünf Jahren gerechtfertigt war, heisst das nicht, dass sie heute und in fünf Jahren immer noch gerechtfertigt ist. Ich bin überzeugt, dass wir hier durchaus noch Handlungsbedarf und Potenzial haben. Ich denke zum Beispiel an überbordende Professionalisierungen und Bürokratisierungen im Sozialbereich.

Geht es etwas konkreter?

Wir haben das System mit den Sozialregionen geschaffen. Meines Erachtens herrschen in diesem System völlig unklare Verantwortlichkeiten, dafür ist der Personalbedarf gegenüber früher stark gewachsen. Da fehlt mir der Anreiz, dass sich die, ich nenne es jetzt bösartig Sozialindustrie, selber im Zaun hält. Es gibt ein Bonmot: Die Bürokratie muss wachsen, um den steigenden Anforderungen der wachsenden Bürokratie gerecht zu werden. Leider steckt da viel Wahrheit dahinter, dagegen kämpfen wir an.

Was sind als Parteipräsident Ihre Ziele für die nächste Zukunft?

Ich kann Ihnen jetzt nicht für jedes Problem die Patentlösung präsentieren, wie wir es lösen würden. Vieles wird in der kantonalen Politik in der nächsten Zukunft davon abhängen, wie sich die neue Zusammensetzung der Regierung auswirkt. Ich befürchte, dass es mit der Doppelvertretung des links-grünen Lagers und den beiden CVP-Vertretern schon spürbar mehr Entscheide geben wird, die nach mitte-links tendieren. Darum wird es für unsere Partei eine zentrale Aufgabe sein, hier Gegensteuer zu geben.

Stichwort Kräfteverhältnisse: Wie erklären Sie es sich, dass die SVP bei den letzten nationalen Wahlen im Kanton Solothurn so gut wie noch gar nie abschnitt, bei den Kantonsratswahlen aber einen Verlust hinnehmen musste?

Wir haben das analysiert und daraus ist die neue Führungsstruktur mit dem breiter aufgestellten Parteipräsidium entstanden. Es ist uns bisher zu wenig gelungen, bei kantonalen Wahlen auch tatsächlich über kantonale Inhalte und Themen wahrgenommen zu werden. Daran wollen und müssen wir arbeiten, wir sind die solothurnische Volkspartei, die sich für die Solothurner Bevölkerung ins Zeug legt.

Könnte die Diskrepanz nicht auch daran liegen, dass die Leute bei nationalen Wahlen eher einfach mal eine Proteststimme abgeben, wenn es ihnen näher geht die Dinge dann aber doch gemässigter betrachten? Ihnen hängt ja der Ruf an, Meister im Problemebewirtschaften zu sein, nicht im Problemelösen.

Erstens: Es stehen bei nationalen und kantonalen Wahlen nicht die gleichen Themen zur Debatte, bei nationalen Wahlen meistens tatsächlich eher emotionalere als im Kanton. Zweitens widerspreche ich natürlich vehement: Es geht uns keineswegs um das Bewirtschaften von Problemen, wir haben sehr wohl konkrete Lösungen. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel in der Kantonalpolitik: das Planungs- und Baugesetz. Warum ist der Druck auf das Bauland so hoch? Nicht weil zu viel Bauland gehortet und nicht überbaut wird, sondern wegen der ungebremsten Zuwanderung. Aber die Regierung präsentiert uns als Lösung die Enteignung von Grundeigentümern. Wir machen von Anfang an klipp und klar, dass das nicht infrage kommt und wir mit allen Mitteln dagegen kämpfen werden.

Fristen zur Überbauung zu setzen und Massnahmen zu ergreifen, wenn sie nicht eingehalten werden, ist ein ausdrücklicher Auftrag der Bundesgesetzgebung, zu der die Stimmbürger ganz klar Ja gesagt haben.

Aber die Vorlage zur Umsetzung regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen welche Massnahmen zu treffen sind. Sie gibt den Gemeinden einen Blankocheck zur Enteignung von Bürgern. Das löst kein Problem, sondern schafft nur teure Rechtsfälle, das dürfen wir nicht akzeptieren.

Sie haben Bereitschaft für eine verstärkte Zusammenarbeit im bürgerlichen Lager signalisiert, wie soll man sich das vorstellen?

Ich komme wieder auf die neue Zusammensetzung der Regierung zurück. Vieles hängt davon ab, wie die Regierung jetzt agiert. Wenn sie nach mitte-links abdriftet, müssen wir Gegensteuer geben. Und ich gehe davon aus und bin eigentlich auch davon überzeugt, dass wir dann noch viel häufiger mit der FDP werden zusammenarbeiten können als heute.

Themenbezogene Allianzen gab es immer. Aber in vier Jahren wird die CVP keinen Regierungssitz freiwillig abgeben, die FDP ihren zweiten Sitz zurückhaben wollen und Sie ebenfalls auf eine Regierungsvertretung pochen. Wie soll da eine Zusammenarbeit funktionieren?

Die nächsten Wahlen sind schon noch ein Stück weg. Noch einmal: Jetzt geht es um die Sachthemen, es ist zu befürchten, dass viel zu viel links-grüner Einfluss in die Regierung kommt, darauf müssen wir den Fokus legen. Aber klar: Die Regierungsvertretung ist eines unserer wichtigsten Ziele und der Anspruch darauf aufgrund unseres Wähleranteils auch unbestritten. Das primäre Anliegen in vier Jahren muss doch für alle Bürgerlichen sein, die Regierung auf einen klar bürgerlichen Kurs mitte-rechts zu bringen. Wenn alle dieses Ziel verfolgen, bin ich überzeugt, dass es auch eine Lösung gibt.

In Majorzwahlen bleiben Ihre Kandidaten regelmässig unter dem Potenzial, das man ihnen eigentlich zutrauen müsste. Folgt unter Ihrem Präsidium nun der Aufbau mehrheitsfähigerer, moderaterer Figuren?

Was heisst moderater? Natürlich ist es eine Binsenwahrheit, dass ein Regierungs- oder Ständeratskandidat eine breitere Schicht als die Stammwähler der eigenen Partei ansprechen muss, um das absolute Mehr zu erreichen. Aber es wäre sicher falsch, von einem Kandidaten zu verlangen, dass er seine und die Positionen seiner Partei verrät. Im Gegenteil: Bei Persönlichkeitswahlen ist Authentizität ein ganz wichtiger Faktor. Entscheidend ist, dass die Wähler einem Kandidaten für ein Regierungsamt den Wechsel in eine tatsächlich andere Rolle als im Parlament zutraut, wo man polarisierender auftritt.