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Alain Berset warb unlängst in Solothurn für die Altersreform 2020. Gastgeberin Pro Senectute spannt auch andernorts mit dem Bundesrat zusammen. Ein Luzerner FDP-Ständerat kritisiert dieses Vorgehen heftig. Walter Wobmann unterstützt Meier.
Würde der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller die Solothurner Zeitung lesen, hätte er sich nicht erst in diesen Tagen über die Pro Senectute echauffiert. Müller kritisiert, dass sich die Pro Senectute für die Kampagne der Rentenreform-Befürworter einspannen lasse. Und bereits am 16. August war nämlich in dieser Zeitung zu lesen: «Unter der Schirmherrschaft von Pro Senectute Kanton Solothurn findet ein öffentlicher Informationsanlass zur Altersreform 2020 statt. Bundesrat Alain Berset wird sich nach einem einleitenden Referat den Publikumsfragen stellen. Die Veranstaltung in Solothurn findet im Hinblick auf die eidgenössische Volksabstimmung vom 24. September statt. Pro Senectute erachte die Vorlage in ihrer Gesamtheit als positiv, heisst es in der Einladung.»
Soweit der Veranstaltungshinweis. Die bundesrätlichen Ausführungen gingen dann auch vor rund 150 Interessierten über die Bühne. Berset konnte unwidersprochen Werbung für seine Vorlage machen. Immerhin, in der Diskussionsrunde gab es doch noch kritische Fragen von jungfreisinniger Seite.
In Rage gebracht hat Ständerat Müller ein geplanter ähnlicher Anlass in Schwyz. Dort steht am 18. September eine öffentliche Debatte an. Veranstalter ist ebenfalls die kantonale Pro Senectute. Im Gegensatz zu Solothurn sollen dort beide Lager vertreten sein. Bundesrat Berset spreche vorab. Damian Müller, Vizepräsident der Pro Senectute Luzern, kritisiert im «Blick» den Auftritt scharf: «Pro Senectute war in ihrer 100-jährigen Geschichte immer unpolitisch. Es geht nicht an, dass sich die Organisation nun für diese Kampagne missbrauchen lässt», wird der Parlamentarier zitiert.
Und er legt gar nach: «Dass Pro Senectute Schwyz mit dem Departement Berset gemeinsame Sache macht, ist unglaublich». Im selben Artikel vermutet der Freisinnige zudem, dass laufende Verhandlungen über den Leistungsvertrag zwischen Bund und Pro Senectute bei diesem Vorgang eine Rolle spielten.
Ida Boos Waldner, Geschäftsführerin Pro Senectute Kanton Solothurn, zur harschen Kritik des eidgenössischen Parlamentariers Müller: «Den Infoanlass in Solothurn haben nicht wir initiiert. Die recht kurzfristige Anfrage kam vom Departement Berset. Wir hätten natürlich nicht mitmachen müssen.» Man habe schliesslich unter der Voraussetzung zugestimmt, dass der Anlass für Pro Senectute kostenneutral sein müsse. «Das war der Fall, die Saalmiete in Solothurn ging nicht zu unseren Lasten», so Boos weiter.
Zudem habe man den Berset-Auftritt als gute Gelegenheit betrachtet, über dieses komplexe und auch innerhalb der Organisation durchaus umstrittene Thema breiter zu informieren. Diese Haltung sei von den Besuchern tatsächlich auch honoriert worden.
Schützenhilfe erhält Ständerat Damian Müller jetzt vom Solothurner Nationalrat Walter Wobmann. Der SVP-Mann hält generell gar nichts von derartigen Solo-Auftritten der Bundesräte. Es entsprechende schlichtweg nicht unserer Kultur, was die Meinungsbildung anbelange. Solche Infoveranstaltungen müssten zwingend kontradiktorisch sein. Das sage er jetzt nicht nur als Gegner der Altersreform. Deswegen trete er selber immer wieder auch an Diskussionen im linken Lager auf.
Dass Bundesrat Berset gerade ein Auftritt in Solothurn stark am Herzen lag, dürfte nicht von ungefähr kommen. Der Kanton Solothurn zählt für die Abstimmung am 24. September zusammen mit dem Wallis, Tessin, St. Gallen und Basel-Landschaft zu den Wackelkantonen, in denen das Schicksal der Rentenreform besiegelt werden dürfte. Das ergab eine Analyse des Marktforschungsinstituts gfs im Auftrag der «Tagesschau» von Schweizer Fernsehen SRF.
Das Reformpaket besteht aus zwei Abstimmungsvorlagen: Der eigentlichen Rentenreform und dem Bundesbeschluss zur Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Für letzteren braucht es die Zustimmung von Volk und Ständen. Die von gfs anhand von Umfragewerten und Vergleichsabstimmungen erstellte Modellrechnung sieht insbesondere die Westschweizer und die von grossen städtischen Zentren geprägten Kantone im Ja-Lager. Die Zentral- und Ostschweizer Kantone tendieren zu einem Nein.
Warum rechnet man aber zum Beispiel im Aargau ziemlich sicher mit einem Nein, während es im ähnlich strukturierten Kanton Solothurn ohne grosses städtisches Zentrum auch zu einem Ja reichen könnte? Die überraschende Antwort von gfs-Co-Leiter Lukas Golder: Es liegt an der CVP. In den Kantonen, die sein Institut als Wackelkantone identifizierte, habe die CVP einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. In Solothurn zum Beispiel eben deutlich stärker als im Aargau, womit hier auch ohne von einem Linksrutsch geprägte grosse Städte eher eine Mehrheit einer Mitte-Links-Koalition möglich sei.