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Ein Vater verging sich mehrmals an seiner minderjährigen Tochter. Nach dem Geschlechtsakt musste sie ihn anpinkeln. Er gab an, sie sei als Jugendliche eine Nymphomanin gewesen.
«Was passiert ist, verfolgt mich immer. Es wird nie weg sein.» Für einmal fand die junge Frau klare Worte für das, worüber sie kaum mehr zu sprechen vermag. Nervös sass sie auf dem Stuhl und wippte mit den Beinen, als sie dem Gericht erzählen musste, woran sie sich nicht mehr recht erinnern kann oder will. Es liegt lange zurück.
Als Teenagerin musste sie mit ihrem Vater ins Bett. In mehreren Nächten, als die Mutter bei der Arbeit war, musste das Mädchen den Geschlechtsverkehr mit ihrem Erzeuger über sich ergehen lassen und ihn danach anpinkeln. Erst Jahre später und nach zwei Suizidversuchen konnte sie über ihr quälendes Geheimnis sprechen.
Damit sie sich nicht begegneten, musste der Peiniger die Befragung des Opfers in einem separaten Zimmer per Videoübertragung mitverfolgen. Nur stockend und mit Erinnerungslücken schilderte die Frau, was sie als 13- oder 14-Jährige im Sommer 2006 oder 2007 – genau weiss sie es nicht mehr – erlebte. Wie immer hatte die Mutter das Haus um 3 Uhr morgens für die Arbeit verlassen. Und wie immer war das Mädchen um diese Uhrzeit im Wohnzimmer, weil es nur bei flimmerndem Fernseher schlafen konnte.
Auf einmal stand der Vater vor ihr. Er bat sie ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Sie roch die Bierfahne, wusste aber noch nicht, was er mit ihr vorhat. Dann packte er ihren Arm. Sie musste sich ausziehen. «Er forderte mich auf, sein Glied mit dem Mund oder den Händen gross zu machen.» Schliesslich versagt ihre Stimme.
Der Vater schubste seine Tochter aufs Bett und drang in sie ein. Ohne Kondom, bis zum Samenerguss. Danach musste sie ihm auf den Bauch sitzen und ihn anpinkeln. Sollte sie jemandem etwas darüber erzählen, drohte er, würde er der Mutter mitteilen, dass die Tochter das alles gewollt habe. «Ich war ein Problemkind und handgreiflich gegenüber meiner Mutter», sagte sie gestern. Deshalb nahm sie die Drohung ernst und verriet nichts. Ausserdem wollte sie die Familie nicht belasten. Es blieb nicht das letzte Mal, dass der Vater Sex mir ihr hatte.
Es war zudem nicht das erste Mal, dass sich der Mann an einer Minderjährigen verging. Er war bereits einmal wegen sexueller Handlungen mit Kindern verurteilt und zu einer psychiatrischen Behandlung verpflichtet worden. Dort war er aber nie aufgetaucht. Ohnehin blickt er auf ein tristes, instabiles Leben zurück. Er wuchs in Heimen auf, schlug sich als Hilfsarbeiter durch. Mit seiner zweiten Ehefrau hatte er drei Kinder, darunter das Opfer. Heute kämpft er mit Gesundheitsbeschwerden und Alkoholproblemen, ist verschuldet und hat kaum verlässliche soziale Kontakte. Auch er hat Gedächtnislücken, kann Ereignisse nicht mehr zeitlich zuordnen. Seine Taten gab er in den vorgängigen polizeilichen Befragungen nur Stück für Stück zu.
Dass seine Tochter vor Gericht die Unwahrheit erzählte, daran konnte er sich gestern jedoch noch gut erinnern. «Ein einziges Mal hatte ich mit ihr Sex, sonst nie.» Schuld daran trage alleine seine Tochter, die ihn in jener Nacht angefleht habe, «sie ranzunehmen». «Sie war total sexsüchtig und sagte, sie brauche es jeden Tag, sonst sei sie nicht zufrieden.» Bereits als Kind hätte das Mädchen Geschlechtsverkehr gehabt. Sie widersprach, es höchstens einmal in jungen Jahren mit einem Freund versucht zu haben.
Eine Stunde lang habe er ihr in jener Nacht zu erklären versucht, dass das verboten sei, sie solle sich einen Partner suchen. Schliesslich habe er dem Druck nicht widerstehen können. «Dann machte ich es.» Festgehalten habe er sie dabei nicht, sich bloss auf die Hände gestützt. Ein Kondom habe er nicht verwendet, obwohl er befürchtete, dass sie schwanger werden könnte.
Auf Nachfrage des Gerichtspräsidenten, Rolf von Felten, sagte der Mann, dass Sex für ein Kind in diesem Alter nicht aussergewöhnlich sei. Dass seine Tochter danach auf ihn urinieren musste, war ihm gestern jedoch peinlich. Dazu wollte er keine Aussage machen. Er wisse aber, dass er einen «Seich» gemacht habe. «Es tut mir schampar leid.»
Für Staatsanwalt Martin Schneider stand fest, dass der Mann unter anderem wegen mehrfacher Vergewaltigung nicht mit einer Freiheitsstrafe unter vier Jahren davonkommen sollte. «Er brach ihren Widerstand und missbrauchte das Vertrauensverhältnis zu seiner Tochter stark.» Die Beweggründe seien krass egoistisch gewesen, weil er sich einfach sexuell befriedigen wollte. Diesem Antrag folgte die Verteidigung des Opfers. Clivia Wullimann, Pflichtverteidigerin des Täters, bemass die Freiheitsstrafe auf zweieinhalb Jahre, davon sechs Monate unbedingt. Mehrere Vorhalte könnten nicht bewiesen werden, und aufgrund der Gedächtnislücken des Opfers stellte sie deren Aussagen infrage.
Für das Gericht war am Ende nicht erwiesen, dass sich die Tochter wirklich gegen den Vater gewehrt hat, wodurch er vom Vorhalt der Vergewaltigung freigesprochen wurde. Es war für das Gericht aber erwiesen, dass er dreimal Sex mit ihr hatte. Der Mann wird zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, 12 davon muss er absitzen. Die Tochter erhält 25 000 Franken Genugtuung.
Einen Beruf kann sie heute nicht ausüben, sie lebt von der Sozialhilfe. Mit ihrem Partner hat sie ein Kind. Den Kontakt zum Vater hat sie abgebrochen.