Weissenstein
«Es ist eine Referenz, als Pächter das Kurhaus ohne Konkurs überlebt zu haben»

Das Kurhaus-Pächterpaar Brigit Leicht und Heinz Blattmann schliessen heute den Betrieb. Nach über vier Jahren nehmen sie Abschied. Den Solothurnern sei zu wenig bewusst, dass der Weissenstein nicht nur ihr Hausberg sei, sind sie überzeugt.

Marco zwahlen
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Heinz Blattmann und Brigit Leicht

Heinz Blattmann und Brigit Leicht

Solothurner Zeitung

Bis heute 14 Uhr ist das Kurhaus für Gäste noch offen, dann ist Winterpause. Sie nehmen nach über vier Jahren als Pächter Abschied. Mit welchen Gefühlen?

Heinz Blattmann: Mit positiven. Es war eine lehrreiche, wertvolle Zeit. Beruflich wie privat.

Brigit Leicht: Wir haben einen Rucksack für die Zukunft und nun mehr Möglichkeiten im Gastgewerbe als vor fünf Jahren. Es ist eine Referenz, als Pächter das Kurhaus Weissenstein ohne Konkurs überlebt zu haben.

Reich sind Sie aber nicht geworden ...

Blattmann: Nein. Im ersten Jahr mussten wir Lehrgeld zahlen. Wir hatten die Wintersaison falsch kalkuliert und die Auswirkungen der Passstrassen-Sperre unterschätzt. Danach haben wir aber mehr oder weniger schwarze Zahlen geschrieben.

Auch zuletzt, nachdem Sie sich nach der Betriebseinstellung der Seilbahn dafür entschieden hatten, bis April Winterpause zu machen?

Blattmann: Ja. Seit der bahnlosen Zeit machen wir aber rund 40 Prozent weniger Umsatz. Wir konnten dies nur mit Sparmassnahmen, etwa bei den Personalkosten, auffangen. Wir hatten noch 12 Mitarbeiter auf der Lohnliste und müssen jeden Monat mindestens 180 000 Franken erwirtschaften. Ohne die Winterpause hätten wir nicht überlebt. Gleichzeitig kann dies aber keine Dauerlösung sein. Das Herunter- und Hochfahren des Betriebs schadet nicht nur dem Ruf, sondern auch der Bausubstanz des Hauses. Nun hören wir auf, weil uns die Perspektive fehlte.

Wie wirkt sich der Streit um den Seilbahn-Neubau auf den Kurhaus-Betrieb aus?

Blattmann: Die Seilbahn und das Kurhaus werden vor allem ausserkantonal als siamesische Zwillinge wahrgenommen. Folge: Steht die Bahn still, meinen viele potenzielle Gäste, das Kurhaus sei zu. Unabhängig des Seilbahnstreites ist es eh schon schwierig genug, das Kurhaus wirtschaftlich zu betreiben. Die Gästezahlen schwanken enorm. Schnell einmal hat man zu viel oder zu wenig Servicepersonal. Ein Beispiel: An einem Tag haben wir weniger als 8 Franken Umsatz gemacht, am darauf folgenden Tag dank reservierten Anlässen rund 15 000 Franken. 80 Prozent des Umsatzes haben wir mit Banketten, Seminaren, Hochzeiten und dem Hotelbetrieb generiert.

Leicht: Den Solothurnern ist zu wenig bewusst, dass der Weissenstein nicht nur ihr Hausberg ist, sondern eine nationale Ausstrahlung hat. Gemäss einer Tourismusstudie kennt jeder zweite Schweizer den Weissenstein. Viele Einheimische sehen in diesem Naherholungsgebiet nur den Ort, um der Nebelsuppe im Tal zu entfliehen. Unten grau, oben blau gibt es aber im Jahr höchstens zehn Tage. Davon überlebt ein Kurhaus nicht. Diese Weitsicht fehlt leider.

Der Weissenstein hat also Tourismuspotenzial?

Leicht: Und wie! Man müsste die Landschaft und die Ruhe nur vermarkten. Beispielswiese könnten unter der Dachmarke Weissenstein auch die Grenchenberge und der Balmberg zusammengefasst werden. Die Destination Weissenstein bei der schönsten Barockstadt der Schweiz und als Tor zum Naturpark Thal – das klingt doch gut. Im gleichen Zug müssten die verschiedenen Leistungserbringer ihre Tourismusangebote vernetzen, am besten via eine Dachorganisation.

Zurück zum Seilbahnprojekt. Sie selber haben ein gespaltenes Verhältnis dazu ...

Blattmann: Klar ist, der Berg braucht einen effizienten Anschluss an den öffentlichen Verkehr. Für das Kurhaus muss dieser auch spätabends gewährleistet werden können ...

Leicht: ... die Frage ist aber, welchen öV-Anschluss? Beim Neubauprojekt, einer herkömmlichen Gondelbahn, vermisse ich den Pioniergeist. Ich kann nur sagen, was die Gäste erzählen. Für sie beginnt das Erlebnis Weissenstein bereits unten am Berg. Nach knapp 60 Jahren mag die Sesselbahn ausgedient haben. Die Fahrt mit einer Gondelbahn ist aber sicher nicht einzigartig.

Was braucht das Kurhaus?

Leicht: Längerfristig wäre es sinnvoll, die Bahn und das Kurhaus hätten dieselben Besitzer. Nur so würde Hand in Hand zusammengearbeitet. Zudem müsste der Ostflügel saniert werden. Von enormem Vorteil wäre es, wenn die grosse Terrasse mit einer neuen eingebauten Selbstbedienung betrieben werden könnte. Zukunft hätte sicher auch ein Wellness-Angebot. Urchig mit Molkebad und Sauna.

Und was brauchen künftige Pächter?

Blattmann: Die Unterstützung der Vermieterin.

Ist der geplante Kauf des Kurhauses durch die Regiobank Solothurn ein wichtiger Schritt?

Leicht: Die Bank wird zumindest dafür besorgt sein wollen und können, dass das Haus seinen Wert behält.

Was werden Sie jetzt machen?

Leicht: Wir machen bis Ende Januar an verschiedenen Orten in der Schweiz Ferien.

Danach? Wieder ins Gastgewerbe?

Blattmann: Wir brauchen etwas Distanz. Was wir aber wissen – wir sind Vollbluthoteliers. Wir suchen ein historisches Haus in einem attraktiven Ort mit Tourismus.

Leicht: ... aber nicht mehr so weit weg vom «Gschütz» wie auf dem Weissenstein. Unsere beiden Töchter kommen ins schulpflichtige Alter.