Der Staatsanwalt fordert eine Verurteilung der Postfinance wegen Geldwäscherei zu einer Busse von 2,6 Mio. Franken. Der Verteidiger hingegen zerpflückt die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.
Der Staatsanwalt fordert eine Verurteilung der Postfinance wegen Geldwäscherei zu einer Busse von 2,6 Mio. Franken – der Verteidiger plädiert auf Freispruch, schon nur wegen fehlenden Vorsatzes und ungenügender Anklageschrift: Gerichtspräsident Daniel Wormser steht vor einem delikaten Urteilsspruch. Eine mehr oder weniger fraglos erfolgte Barauszahlung von 4,6 Mio. Franken – für einen angeblichen Diamantenkauf – zündete gestern vor dem Einzelrichter des Amtsgerichts Solothurn-Lebern ein juristisches Feuerwerk von Anklage und Verteidigung.
4,6 Mio. Franken hatte ein Solothurner Treuhänder telefonisch bestellt, nur Stunden später holte er die bereitgestellten 4600 Tausendernoten auf der Poststelle 4502 Solothurn ab. Seit jenem 11. Februar 2005 sind die Millionen verschwunden. Ebenso wie der Grossteil weiterer rund 30Mio. Franken, die der Treuhänder und seine deutsche Geschäftspartnerin laut Staatsanwaltschaft in betrügerischer Absicht von gutgläubigen Investoren eingesackt hatten. Die beiden werden sich in einem
separaten Prozess zu verantworten haben.
Busse von 2,6 Mio. Franken
«In den Jahren 2004/2005 gab es bei Postfinance in der ganzen Schweiz ausser dieser Transaktion keinen Barbezug von annähernd gleicher Höhe», hielt Staatsanwalt Domenic Fässler gestern in der Verhandlung fest. Dennoch sei bei der vom Solothurner Schalterpersonal damals informierten Geldwäscherei-Fachstelle der Post in Bern keine Veranlassung für eine materielle Prüfung der Auszahlung erkannt worden.
Die zuständige Person habe lediglich abgeklärt, ob das Konto über eine ausreichende Deckung verfüge und nicht gesperrt sei. «Was muss denn noch passieren, bevor bei der Schweizerischen Post eine Transaktion als ungewöhnlich und verdächtig auffällt?», zeigte sich Fässler angesichts einer solchen, seiner Überzeugung nach «für Geldwäscherei typischen Durchlaufzahlung» entsetzt.
Die Sicherheitsvorschriften bezüglich Barauszahlungen, soweit überhaupt vorhanden, seien bei der Postfinance systematisch verletzt worden, kritisierte der Staatsanwalt. Er sprach von einem gravierenden Organisationsverschulden und einem «eigentlichen Normensalat anstelle einer griffigen Prävention».
Die Postfinance sei deshalb der Geldwäscherei schuldig zu sprechen, beantragte der Staatsanwalt. Angesichts deren stolzer Finanzkraft bezeichnete er eine «Busse von 2,6 Mio. Franken als angemessen und richtig». Weiter sei die Post-Tochter zur Übernahme sämtlicher Verfahrenskosten zu verpflichten.
Freispruch und Entschädigung
Der Rechtsvertreter der Postfinance, der Solothurner Rechtsanwalt Konrad Jeker, kritisierte die Anklageschrift als «schlicht ungenügend». Ihm sei nicht klar, worin die strafbare Handlung hätte bestehen sollen: In der Barauszahlung oder in der angeblichen Unterlassung näherer Abklärungen. Nicht die Post, die Geld ausbezahlt habe, könne Täterin sein, sondern wenn schon der Bezüger. Immerhin aber sei die BE Creativ-Service AG, die Firma des Solothurner Treuhänders und seiner deutschen Geschäftspartnerin, damals eine vom Bund bewilligte Finanzintermediärin gewesen.
Die Stunden vor der Auszahlung von Privaten zu Anlagezwecken auf das Konto der BE Creativ-Service AG einbezahlten 5 Mio. Euro seien legalen Ursprungs, argumentierte Jeker weiter. Daraus leitete er ab, dass vorliegend die für eine Verurteilung notwendige Voraussetzung fehle, wonach das Geld aus einem Verbrechen stammen müsse. Folglich habe die beklagte Transaktion, die der «gesetzlichen Aufsicht» unterstanden habe, gar «nicht illegal» sein können. Und, so Jeker: «Sauberes Geld kann man nicht waschen.» Was nachher mit den Millionen passiert sei, liege nicht in der Verantwortung der Post.
In Anwesenheit von PostfinanceGeschäftsleitungsmitglied Hans-Rudolf Thönen forderte Rechtsanwalt Konrad Jeker einen Freispruch vom Vorwurf der Geldwäscherei. Seiner Klientin sei eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen und die Verfahrenskosten seien dem Staat Solothurn zu übertragen.
Das Gericht wird sein Urteil voraussichtlich heute Mittwoch eröffnen.