Wer in den Dienst der katholischen Kirche tritt, soll künftig seine Vorstrafen offenlegen. Die Schweizer Bischöfe entscheiden demnächst über einen entsprechenden Antrag.
Die katholische Kirche soll ihrem Personal besser auf die Finger schauen und damit weitere Missbräuche verhindern, verlangt ein Fachgremium der Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK). Wer in den Dienst der Kirche tritt, soll künftig einen speziellen Strafregisterauszug vorlegen müssen. Der sogenannte Sonderprivatauszug gibt unter anderem Auskunft darüber, ob eine Person aufgrund einer Vorstrafe nicht mehr mit Kindern arbeiten darf.
Angehende Priester, Novizinnen und Novizen, aber auch Seelsorgerinnen, Seelsorger und Pfarrer, welche die Stelle wechseln, müssten ihre Karten offenlegen. «Der Kirche wurde jahrelang vorgeworfen, dass sie nicht genügend kontrolliert und hinschaut. Das wollen wir mit dieser Massnahme nun ändern», sagt Toni Brühlmann, Präsident des SBK-Fachgremiums sexuelle Übergriffe. Die Schweizer Bischöfe werden Ende Februar über den Antrag des Fachgremiums entscheiden, wie Radio SRF gestern berichtete. Brühlmann ist zuversichtlich, dass die Bischöfe der Änderung zustimmen. Wie die Kirche mit allfälligen Vorstrafen umgehen soll, ist im Antrag nicht konkretisiert. Für Brühlmann ist aber klar, «dass eine Person mit entsprechenden Vorstrafen nicht in der Seelsorge tätig sein kann, da eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter im kirchlichen Dienst meist mit allen Altersgruppen im Kontakt steht.»
Anders entschied der Basler Bischof Felix Gmür allerdings im Fall Riehen, der vor kurzem für Schlagzeilen sorgte. Gmür hatte der Wahl eines neuen Pfarrers zugestimmt, im Wissen darum, dass dieser für sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen verurteilt worden war. Erst als Medien über das Ausmass der Übergriffe berichteten, zog der Mann seine Kandidatur zurück. Das Vorliegen eines Strafregisterauszuges hätte damit an der Ausgangslage nichts geändert.
Sonderprivatauszüge, wie sie nun die katholische Kirche verlangen will, wurden 2015 im Zusammenhang mit der Umsetzung der Pädophilen-Initiative eingeführt. Der Auszug gibt einzig Auskunft über ein Tätigkeits- oder Kontakt- und Rayonverbot. Über andere Vorstrafen, zum Beispiel zu Verkehrsdelikten, erfährt der Arbeitgeber nichts.
Die Nachfrage nach solchen Spezialauszügen steigt, wie Zahlen des Bundesamtes für Justiz (BJ) zeigen. Wurden 2015 noch 17639 Auszüge verlangt, waren es letztes Jahr bereits 52093.
«Der Anstieg der Bestellungen dürfte auf das gestiegene Sicherheitsbedürfnis zurückzuführen sein», begründet BJ-Sprecher Folco Galli. Anfänglich wollte der Bundesrat Institutionen, die mit Kindern arbeiten, dazu verpflichten, einen entsprechenden Auszug einzufordern. Er entschied sich aber schliesslich für die Freiwilligkeit. Entsprechend unterschiedlich sind die Weisungen.
Einzelne Kantone empfehlen bei der Einstellung von Lehrpersonen einen Spezialauszug einzufordern, eine schweizweite Vorschrift gibt es nicht.
Der Verband Kinderbetreuung Schweiz empfiehlt Kitas, Horten sowie Tagesfamilienorganisationen, von den Betreuern einen Sonderstrafregisterauszug zu verlangen. Leiterinnen von Horten und Kitas sollen zudem auch einen gewöhnlichen Strafregisterauszug vorlegen. Curaviva, der Dachverband Schweizer Heime und sozialer Institutionen, empfiehlt grundsätzlich, beide Auszüge einzufordern. Im Sonderauszug seien nicht zwingend alle relevanten Informationen aufgeführt. Fehlen würden beispielsweise sexuelle Delikte, die nicht an Kindern oder besonders schutzbedürftigen Personen begangen wurden.
Seitens des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) rät man von einem flächendeckenden Einfordern von Sonderstrafauszügen bei Trainern und Betreuern ab, «um nicht den Generalverdacht zu schüren», wie Sprecher Marco von Ah sagt. Zudem sei es nicht ratsam, sich allzu sehr auf die Strafauszüge zu verlassen, da damit nur bereits verurteilte Straftäter erfasst würden, warnt auch Swiss Olympic in einem Schreiben. Der Fussballverband betont aber die Wichtigkeit von Sensibilisierung und Prävention. So verlangen Regionalverbände, dass Fussballtrainer einen Kodex unterzeichnen, der etwa festhält, dass Kinder während dem Duschen unter sich sind.