20.Oktober
Überraschungen bei den Wahlen sind nicht ausgeschlossen

Einordnung von Beat Nützi zu den eidgenössischen Wahlen im Kanton Solothurn, die bereits im Gang sind.

Beat Nützi
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Beat Nützi: «Dem Kanton Solothurn droht eine Deputation in Bern ohne eine einzige Frau.»

Beat Nützi: «Dem Kanton Solothurn droht eine Deputation in Bern ohne eine einzige Frau.»

Keystone

Der Countdown für die eidgenössischen Wahlen läuft. Das Wahlmaterial ist verteilt, bereits können auf dem Korrespondenzweg die Stimmen abgegeben werden. In drei Wochen fallen die Würfel. Rein mengenmässig kann sich die Wählerschaft im Kanton Solothurn nicht über eine mangelnde Auswahl beklagen. Im Gegenteil: Für die Nationalratswahlen vom 20. Oktober stehen nicht weniger als 166 Personen (104 Männer und 62 Frauen) auf 29 Listen zur Auswahl – 19 Kandidierende und 2 Listen mehr als vor vier Jahren. Das ist ein neuer Rekord! Bei sechs Mandaten, die dem Kanton Solothurn in der grossen Kammer zustehen, ergibt das fast 28 Kandidaturen pro Sitz. Da kann man nur sagen: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Zu hoffen bleibt, dass die Kandidatenflut nicht auf die Wahlbeteiligung drückt, sondern diese beflügelt.

Einflussfaktoren: Klima-Hype und politische Grosswetterlage

Unter den 29 Listen gibt es mehrere Listenverbindungen. Wie bei den letzten Nationalratswahlen gibt es einen Zusammenschluss in der Mitte von CVP, GLP, BDP und EVP. Im linken Spektrum gehen SP und Grüne erneut eine Verbindung ein. Diese Verbindungen beinhalten auch die jeweiligen Jungparteien. Keine Listenverbindung gibt es im rechtsbürgerlichen Lager zwischen FDP und SVP, die im Alleingang antreten. Im Grossen und Ganzen sieht somit alles so aus wie vor vier Jahren. Bleibt deshalb bei der Sitzverteilung alles beim Alten? Sehr wahrscheinlich. Trotzdem gibt es Entwicklungen, die Einfluss auf die Wähleranteile haben können. So zum Beispiel die grüne Welle, ausgelöst durch den Klima-Hype. Oder die politische Grosswetterlage, die sich etwa in den kantonalen Wahlresultaten seit Ende 2015 widerspiegelt. Zu den Gewinnern gehören: Grüne (+41 Sitze), FDP (+29), SP (+23), Grünliberale (+16). Auf der Verliererseite stehen: SVP (–39), CVP (–36), BDP (–21), EVP (–3).

Nationalrat: Welche Nationalräte müssen um Wiederwahl bangen?

Zu den Köpfen. Es gibt eine einzige Vakanz: Bea Heim (SP, Starrkirch-Wil). Damit steht fest: Mindestens ein Sitz wird neu besetzt. Aussichtsreichste SP-Kandidaturen sind allein vom Bekanntheitsgrad her: Ex-Regierungsrat Peter Gomm (Olten) und SP-Kantonalpräsidentin Franziska Roth (Solothurn). Sie könnten sogar dem wiederkandidierenden Philipp Hadorn (Gerlafingen), dem Franziska Roth bereits vor vier Jahren auf den Fersen folgte, gefährlich werden. Und da sind auch noch die erstarkten Grünen, denen zuzutrauen ist, dass sie auf Kosten der SP einen Sitz ergattern könnten. Bei der SVP sitzen Walter Wobmann (Gretzenbach) und Christian Imark (Fehren) ziemlich fest im Sattel.

Doch ganz auf der sicheren Seite können auch sie sich nicht wähnen. Denn sie haben starke Konkurrenz, vor allem durch den Oltner Christian Werner, SVP-Fraktionschef im Kantonsrat, der weit über seine Partei hinaus Anerkennung geniesst, wie zum Beispiel seine kürzlich erfolgte Wahl zum Präsidenten des kantonalen Gewerbeverbandes beweist. Am wenigsten dürften der Solothurner Stadtpräsident Kurt Fluri (FDP) und CVP-Nationalrat Stefan Müller (Herbetswil) zu befürchten haben. Es sei denn, Müller komme in Bedrängnis, weil die aus der gleichen Amtei stammende CVP-Kantonalpräsidentin Sandra Kolly (Neuendorf) vom Frauenbonus profitieren könnte. Schliesslich droht dem Kanton Solothurn eine Deputation in Bern ohne eine einzige Frau. Diese Gefahr dürfte auch Franziska Roth Schub verleihen.

Ständerat: Kommt es zu einem zweiten Wahlgang?

Bei den Ständeratswahlen stellt sich die Frage, inwiefern die drei Sprengkandidaten Christian Imark (SVP, Fehren), Stefan Nünlist (FDP, Olten) und Felix Wettstein (Grüne, Olten) die Wiederwahl der beiden Ständeräte Pirmin Bischof (CVP, Solothurn) und Roberto Zanetti (SP, Gerlafingen) gefährden können. Am 20. Oktober geht es vor allem darum, ob es den Herausforderern gelingt, die Ständeräte oder einen davon in einen zweiten Wahlgang zu drängen.

Pirmin Bischof sind die besten Aussichten auf eine Wiederwahl einzuräumen, ob im ersten oder zweiten Wahlgang. Auch für Roberto Zanetti stehen die Chancen gut. Sein schlimmstes Szenario wäre, wenn er allein in einen zweiten Wahlgang müsste und sich die Bürgerlichen auf einen Kandidaten einigen könnten. Gerade diese Option könnte Pirmin Bischof helfen, dass er durch verstärkte bürgerliche Unterstützung die Wahlhürde im ersten Anlauf schafft.

Fazit: Grosse Veränderungen scheinen sich bei den eidgenössischen Wahlen im Kanton Solothurn nicht anzubahnen. Doch Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.