Weihnachtsreise
Hopp Sangalle! Eine Glosse zum Weihnachts-Export

Wie Solothurn Weihnachten erfindet und diese nun in die Ostschweiz exportiert

Wolfgang Wagmann
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Die Weihnachtsreise zieht viel Publikum an.

Die Weihnachtsreise zieht viel Publikum an.

Hansjörg Sahli

Weihnachten ist ständig hart an der Grenze zum Kitsch. Doch sie berührt immer wieder. Und man mag halten davon, was man will, aber wenn das Jesuskind quietschlebendig auf dem Solothurner Märetplatz in der Krippe liegt, römische Häscher es in der ganzen Stadt suchen und die Hirten wie Herodes die Ankunft des neuen Königs nicht kalt lässt – dann strömen auch ganz unhimmlische Scharen durchs Biel- und Baseltor, um das Spektakel zu verfolgen. So hat Solothurn eine neue Nische besetzt: den «EE» oder Event-Export. St. Gallen ist nämlich auf den Geschmack gekommen, hat mit freundlicher Unterstützung der Solothurner Landes- und Freikirchen Werkspionage betrieben und zieht nun am Sonntag zeitgleich mit denselben Programmpunkten auch in der Klosterstadt die «Weihnachtreise» durch.

Wir hätten da noch einige Export-Schlager auf Lager: Ein Chästag stünde Bern sehr gut an, die HESO wird schon von auswärtigen Messe-Veranstaltern seziert, analysiert und wohl bald kopiert, das Märetfest könnte auch Chur oder Schaffhausen begeistern. Nur die Fasnacht, lieber Grenchner, die lassen wir lieber hier. Die soll ja schliesslich einmalig bleiben.

Einen kleinen Kompensations-Wunsch an die St. Galler Weihnachts-Kopisten hätten wir schon: Könntet ihr nicht ein bisschen politischen Druck aufbauen für euer Vorzeigeprodukt, um es in Solothurn wieder populärer zu machen? Eure Grillbratwurst würden wir gerne kopieren, gebraten vor aller Augen, mitten in der Stadt. Aber das wird wohl Illusion bleiben. Die St. Galler geben ja nie den Senf dazu.

wolfgang.wagmann@azmedien.ch