Liebe Secondos, ihr regt mich auf. Ja, euch meine ich, ihr Italiener, Portugiesen, Kosovaren.
Seit Jahrzehnten leben eure Familien hier, und ihr seid immer noch keine Schweizer. Das hat euch nie gekümmert, saumässig sicher habt ihr euch gefühlt. Überlegen sogar. Bis zur Abstimmung vom letzten Sonntag. Da habt ihr plötzlich Schiss bekommen. Auf einmal habt ihr gespürt, dass es ungemütlich werden könnte in der Schweiz. Für euch. Plötzlich haben sich einige von euch – ganz im Stillen, nur so privat – die Frage gestellt, wie das eigentlich geht mit dem Einbürgern.
Und jetzt? Jetzt ist das nicht mehr nötig. Der Einbürgerungskrimskrams wandert in den Papierkorb. Ihr habt ja gewonnen! – Wie bitte: Ihr? Wahr ist: Fast 2 Millionen Nein-Stimmen gab es am letzten Sonntag, und keine einzige kam von euch. Denn euch war das Stimmrecht in diesem Land ja nicht wichtig genug. Nein, es waren die mit dem Schweizer Pass, die gegen den automatischen Landesverweis ohne Einzelfallprüfung gestimmt haben. Nur sie. Für euch. Findet ihr das nicht beschämend? Demütigend? Dass andere für euch abstimmen mussten? Dass ihr bangen und zittern musstet, ohne euch selbst helfen zu können?
Schon mal überlegt, was das eigentlich heisst: Secondos? Es heisst «Zweite». Das Wort wurde erfunden, weil ihr die zweite Generation von Einwanderern wart. Inzwischen seid ihr die dritte oder vierte, und immer noch Ausländer! Vielleicht heisst ihr deshalb Secondos, weil ihr ewig Zweite machen werdet, wenns kritisch wird im Schweizerland. Merkt ihr denn nicht, dass uns eure Stimmen fehlen an der Urne, immer wieder, viermal im Jahr? – Mir reichts, ihr hochnäsigen Secondos. Wir brauchen hier nicht nur Arbeitskräfte, wir brauchen Staatsbürger. Jetzt werdet endlich Schweizer. Hopp jetz, avanti, vorwärtsmache.
christian.vonarx@azmedien.ch