Es ist dringend notwendig, dass die Behörden Licht ins Dunkel der Kirschblütler zu bringen.
Was ist «echte» Psychotherapie – und was ist «angepasste» Psychotherapie? Die Frage mögen allenfalls Leute vom Fach beantworten können. Für Laien ist einstweilen nur so viel klar: Die einen schliessen sexuelle Kontakte zwischen Therapeut und Patient kategorisch aus; die andern eigentlich auch, aber sie wehren sich gegen die Tabuisierung. Tatsache ist: Wenn es um die Therapiemethoden der Solothurner Kirschblütler geht, tun sich Welten auf. Solche, die mit oder ohne bewusstseinsverändernde Substanzen nicht so einfach zusammenzubringen sind.
Darin liegt auch das Dilemma für die Behörden. Es gibt ein Strafrecht, es gibt ein Standesrecht, es gibt Vorgaben, nach denen Ärzte über die Krankenversicherung abrechnen dürfen (oder eben nicht) – und trotzdem ist es bisher weder gelungen, Licht ins Dunkel der Kirschblüten-Gemeinschaft und deren therapeutisches Gebaren zu bringen, noch die Exponenten der sektenähnlichen Organisation ins Recht zu fassen. Und dies auch nicht, nachdem der spirituelle Anführer der Gemeinschaft, Samuel Widmer, vor zwei Jahren verstorben ist.
Das ist umso stossender, als es letztlich um nicht weniger als die Patientensicherheit geht. Gewiss, Untersuchungen im Umfeld von Gemeinschaften wie jener der Kirschblütler sind erstens schwierig. Und deren Mitglieder sind zweitens durchaus nicht auf den Kopf gefallen. Trotzdem kann es nicht sein, dass die Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie des Kantons Solothurn die Arbeit von Gesundheits- und Strafverfolgungsbehörden machen muss.
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