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Leben
In Zeiten von Mixer und Kitchenaid gelten Mörser mancherorts als antiquiert. Unsere Autorin liebt ihren Mörser trotzdem.
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Wir zwei sind das perfekte Paar – mein Mörser und ich. Vielleicht nicht optisch – er ist rund und schwer, ich (noch) nicht, aber in der Küche harmonieren wir perfekt. Gerade im Frühling, wenn die ersten Wildkräuter in der Natur spriessen, ist unsere Beziehung besonders intensiv. Dann sammle ich alles, was sich für ein frisches Pesto verwenden lässt, angefangen beim oft verschmähten Bärlauch.
Natürlich könnte ich den Bärlauch einfach im Mixer pürieren, was ich bei Zeitnot manchmal tatsächlich tue. Beim Mörsern geht es aber gerade nicht darum, möglichst schnell Kräuter oder Gewürze zu zerstossen, sondern sie möglichst schonend zu bearbeiten. Das gilt auch für den Bärlauch.
Zuerst wird er möglichst klein geschnitten und mit etwas Olivenöl in den Mörser gegeben. Und dann ist eben Fingerspitzengefühl gefragt. Mit sanften, drehenden Bewegungen wird das Ganze mit dem Stössel zu einer homogenen Masse verarbeitet. Das kann man durchaus als einen meditativen Akt verstehen. Ich halte mich dabei an den Kochbuchautor Claudio del Principe, der beim Bärlauch-Pesto dazu aufruft, ja nicht zu heftig zu mörsern, weil sonst die Blätter dunkel, breiig werden und leicht modrig riechen.
Die Liebe zu meinem Mörser ist noch nicht so alt, kann eher noch im Honeymoon-Stadium angesiedelt werden. Eigentlich war es ein Geschenk von mir an meinen Lieblingsmenschen. Doch lange stand der graue, fast drei Kilo schwere Granitbrocken unbenutzt herum. Also habe ich mich seiner angenommen. Mittlerweile hat er schon etwas Patina angelegt. Pfeffer, Kreuzkümmel, Koriander und alle Gewürze, die mir in die Quere kommen, dürfen in den Mörser. Reiben, riechen und hinein ins Gemüse oder übers Fleisch. Der Moment, wenn die Aromen vom Mörser zur Nase aufsteigen – einfach herrlich!
Spitzenköchin mörsert am liebsten Kümmel
Diesen Moment bezeichnet auch die Spitzenköchin Tanja Grandits im «Stucki» in Basel als magisch. In ihrer Restaurantküche sind diverse Mörser stets einsatzbereit. Allerdings fast ausschliesslich für Gewürze.
«Gemörsert entwickeln die Gewürze ein ganz anderes Aroma als gemahlen.»
Sie zerstösst sie mit Vorliebe in einem Porzellan-Mörser mit einer matten, aufgerauten Innenseite, indem sie den Stössel von oben anschlägt und dann behutsam dreht. «Die Gewürze sollen nicht möglichst fein werden, sondern noch etwas Biss behalten.»
Ihr Geheimrezept: Zuerst die Gewürze ohne Fett in einer Bratpfanne unter ständigem Schwenken oder Schütteln bei mittlerer Hitze zwei Minuten rösten.
«So kitzelt man ihre wunderbaren Aromen noch mehr heraus, und sie lassen sich danach besser mörsern.»
Sobald sie ein leichtes Röstaroma angenommen haben, aus der Pfanne in eine Glasschale oder direkt in den Mörser geben und erkalten lassen, bevor man sie zerstösst. Gerade in diesen verrückten Zeiten bereitet sich Tanja Grandits gern einmal einen Teller Gschwellti zu, über die sie frisch gemörserten Kümmel gibt. «Ich mörsere sie nur an, so entfalten sie den Geschmack am intensivsten.»
Eine neue Erfindung ist der Mörser jedoch beileibe nicht, wurde er doch schon im antiken Ägypten verwendet. Im asiatischen und südamerikanischen Raum findet man ihn je nach Region noch heute in jedem Haushalt. Das hat Franziska Stöckli, Initiantin des Kochbuchs und Lehrmittels «Greentopf», auf ihren Reisen festgestellt.
Auch sie möchte nicht mehr auf dieses Küchenhilfsmittel verzichten. Für Curry-Pasten und Gewürzmischungen holt sie ihren 5-Kilo-Steinmörser hervor, für einzelne Gewürze zieht sie einen kleineren Marmormörser vor.
Aus welchem Material soll er sein: Holz, Porzellan oder Stein?
Es kommt bei der Wahl des Materials etwas darauf an, wofür man den Mörser braucht. Jede Variante, ob aus Stein, Holz, Gusseisen, Porzellan oder Keramik, hat ihre kleinen Haken, denn Mörser reagieren teilweise empfindlich auf bestimmte Zutaten oder Anwendungen. Wichtig ist bei Porzellan und Keramik, dass die Innenseite rau ist, ansonsten ist das Zerstossen von harten Körnern eine echte Herausforderung.
Steinmörser (etwa aus Granit) eignen sich dazu besser, auch weil das Gewicht und die Rutschfestigkeit eine wichtige Rolle spielen. Sie sind zudem langlebiger. Alternativ zu Granit sind Marmormörser sehr beliebt, allerdings sind sie anfälliger auf Säure. So oder so sollte der Stössel aus dem gleichen Material wie die Reibschale sein, damit das Geschmackserlebnis nicht verfälscht wird und sich keine der beiden abreibt.
Ein Wort zur Reinigung. Mörser aus Keramik, Porzellan und die meisten aus Edelstahl können problemlos in der Spülmaschine gereinigt werden. Bei solchen aus Holz oder Naturstein hängt es vom zuvor gemahlenen Produkt ab. Bei trockenen Pulvern reicht das Ausbürsten des Mörsers, bei feuchten Substanzen sollten sie mit einem Tuch oder Schwamm ausgewischt werden – allerdings unbedingt ohne Reinigungsmittel. Schliesslich soll bei der nächsten Verwendung nicht alles nach Seife riechen.
Nun hoffe ich, dass der eigentliche Besitzer meines Mörsers nicht auf die Idee kommt, ihn ebenfalls zu entdecken. Soll er seine technischen Küchengadgets zur Hilfe nehmen, ich jedenfalls mag es lieber ganz urtümlich – wie es sich seit über zweitausend Jahren bewährt hat.
2 TL Koriandersamen
1½ TL Bockshornklee
1 TL Kardamomkapseln
1 EL Kurkuma, gemahlen
3 EL getrocknete Minze, gemahlen
1 TL Ingwerpulver
½ TL Chilipulver
¼ TL Nelkenpulver
Koriander, Bockshornklee und Kardamom trocken in einer Pfanne rösten. Auskühlen lassen und im Mörser zerreiben. Mit den restlichen Zutaten mischen. Luftdicht und lichtgeschützt aufbewahren.
3 EL Kokosöl
2 EL Ingwer, geschält und fein gewürfelt
4 Schalotten, geschält und fein gewürfelt
2 EL grüne Currypaste
1 EL Minze-Koriander-Mix
300 ml Gemüsefond
400 ml Kokosmilch
250 g Belugalinsen
300 g Blattspinat, gewaschen
4 Frühlingszwiebeln, in Ringe geschnitten
1 Bund Minze, fein geschnitten
Die Linsen in einem Sieb kalt abspülen und in einen Topf geben. Mit Wasser bedeckt etwa 10 Minuten köcheln, dann im Kochwasser auskühlen lassen; so behalten sie ihre schöne schwarze Farbe.
Für das Curry in einem Topf das Kokosöl erhitzen und darin Ingwer und Schalotten anbraten. Die Currypaste und den Minze-Koriander-Mix (siehe Rezept 1) dazugeben und 2 Minuten mit anschwitzen. Gemüsefond und Kokosmilch dazugeben und etwa 10 Minuten köcheln lassen. Mit Salz abschmecken. Linsen, Spinat. Frühlingszwiebeln und Minze in die Currysauce geben, noch einmal aufkochen und 2 Minuten köcheln lassen.