Goethes «Faust» ist weltbekannt, von Goethes Faust dagegen weiss man nur wenig. Umso mehr sollte man insbesondere in der Kultur keine falsche Scheu vor dem Anführen haben.
Ich gebe offen zu: Ich bin ein Anführer. Wann immer es geht, greife ich zum Anführungszeichen. Wobei ich doch unterstreichen möchte, dass die Gänsefüsschen zuweilen auch unnötig in einen Satz hineinwatscheln («frischer» Spargel ist eben nicht frischer Spargel), doch davon ein andermal ...
Besonders gerne gehen die Anführungszeichen in der Kultur vergessen. Wohl, weil es hier zu einer Häufung an Song-, Stück-, Film- und Buchtiteln kommt. Mit zuweilen entscheidendem Effekt: Goethes «Faust» ist nun mal nicht das gleiche wie Goethes Faust. Erstere ist weltbekannt, von letzterer hingegen weiss man wenig – nur, dass ihr Besitzer sie ab und an zum Schreiben benutzt hat.
Auch im Theater wird’s schnell eigenartig: Als ein- und ausgebildeter Germanist befürworte ich, dass sich Schulklassen Dürrenmatts «Alte Dame» anschauen gehen. Dürrenmatts alte Dame (in dem Fall wohl Charlotte Kerr, verstorben vor zehn Jahren) sollten sich hingegen nur noch auserwählte Experten betrachten.
Und dann gibt es den gefährlichen Bereich der Popmusik: So hole ich Polo Hofers «Alperose» ab und an gerne hervor, Polos Alperose dagegen darf bleiben wo sie ist. Auch empfinde ich Herbert Grönemeyers «Mensch» als geglückt, während ich mir über Herbis Mensch kein Urteil anmasse. Gleiches gilt für Mani Matters «Zündhölzli», das höchstwahrscheinlich mehr Leute berührt hat als Manis Zündhölzli. Das lag wohl an seinen Hemmige.