Sieben Männer und Frauen wollen (wieder) in den Lenzburger Stadtrat. Die AZ stellt sie anhand eines standardisierten Fragebogens vor. Heute: Corin Ballhaus (SVP) über Versäumnisse bei der Suche nach einem Kanti-Standort, ihren Handy-Konsum und ihre Liebe zur Altstadt.
Was stört Sie an Lenzburg?
Corin Ballhaus: Zunächst einmal hat Lenzburg viel Charme mit seinen Menschen, seiner Lage, seiner Altstadt, dem Schloss sowie dem Erholungsraum in Gehdistanz. Bloss die gute Substanz zu wahren, bringt uns aber nicht weiter. Vielmehr müssen wir unsere Stadt überzeugt, beherzt und massvoll weiterentwickeln. Wenn es darum geht, partizipativ die relevanten Wirkungsfelder zu definieren und priorisieren, daraus sinnvolle Ziele abzuleiten, in einer Gesamtstrategie abzubilden und aktiv anzugehen, orte ich noch Potenzial.
Wie lange halten Sie es ohne Handy aus?
Mein Handykonsum hält sich in Grenzen. Elektronische Kommunikation ist für mich beruflich wie privat Mittel und nicht Zweck. Sie erleichtert vieles, ersetzt aber für mich nicht das persönliche Gespräch.
Warum sind Sie Politikerin geworden?
Mein Ding war es von jeher, anzupacken und mitzugestalten, statt zu- oder wegzuschauen. Darum habe ich mich viele Jahre berufs- und bildungspolitisch in verschiedenen Verbandsvorständen und Gremien engagiert. Mit dem Einstieg in die Kommunalpolitik hat sich mir eine neue Welt eröffnet, die mich in ihrer Themenvielfalt immer wieder aufs Neue fasziniert.
Warum ist Andreas Glarner ein guter Politiker?
Was macht den guten Politiker aus? Für mich sind es Leidenschaft, Verantwortungsbewusstsein, Augenmass und Selbstreflexion. Leidenschaft bedingt Sachkompetenz. Seiner Verantwortung wird gerecht, wer lösungsorientiert agiert; immer weiss, für wen er dies tut und beim Mitteleinsatz Augenmass beweist. Platon verglich die Arbeit des Politikers einst mit derjenigen des Webers, der aus unterschiedlichen Garnen einen harmonischen Stoff webt. Auf kommunaler Ebene gilt es, partizipativ und kooperativ tragfähige Lösungen für lokale und überregionale Herausforderungen zu finden.
Wofür werden zu viele Steuergelder ausgegeben?
Knapp ein Viertel des Nettoaufwands von Lenzburg machen inzwischen die Sozialausgaben aus, Tendenz steigend. Sie sind Spiegel unserer Gesellschaft und unterliegen weitgehend nationalen und kantonalen Vorgaben. Den kritischen Blick darauf und die Optimierung der Abläufe auf kommunaler Ebene braucht es trotzdem. In dieser Amtsperiode hat die Stadt hier viel erreicht.
Wenn Sie einfach so könnten: Wofür würden Sie 10Millionen Steuerfranken ausgeben?
Die Steuerzahlerinnen und -zahler müssen darauf vertrauen können, dass die Exekutive mit den von ihnen bezahlten Steuerfranken treuhänderisch und nicht verschwenderisch umgeht. Das Ziel müssen ausgeglichene Stadtfinanzen sein, auch im Interesse kommender Generationen. Ein Mehr an Leistungen muss mehrheitstauglich sein, im Einklang mit den übrigen finanzpolitischen Zielen stehen und darf selbige nicht verzögern oder verhindern.
Finden Sie, die bauliche Entwicklung wird durch das Bundesinventar für schützenswerte Ortsbilder (ISOS) zu stark eingeschränkt?
Nein. Das historische Stadtbild ist Teil unserer Identität. ISOS würdigt dies. Wenn Investoren, Planer und Behörde ihre Arbeit sorgfältig machen, ist ISOS kein Bremsklotz, sondern sinnvolles Werkzeug für die rücksichtsvolle Weiterentwicklung des Bestands. Dafür haben wir in Lenzburg positive Beispiele, die zukünftigen Bauherren als Vorbild dienen können.
Haben Sie Verständnis dafür, dass sich viele Ortsbürger gegen eine Kanti auf dem Zeughausareal wehren?
Absolut. Die Diskussion wäre eine andere, hätte der Stadtrat frühzeitig das Gespräch mit den Ortsbürgerinnen und Ortsbürgern gesucht, um generell und mit Weitsicht die Nutzungsoptionen ihrer Landreserven und Immobilien gegeneinander abzuwägen. Dies hätte einen qualifizierten Entscheid ermöglicht. Hier rächt sich die nach wie vor fehlende Immobilienstrategie der Stadt.
Warum könnten Sie sich vorstellen, im Quartier «Im Lenz» zu wohnen?
Architektur ist immer Geschmackssache. Mir ist der Kontakt zur Nachbarschaft und die Teilnahme am öffentlichen Leben wichtig. Darum wohne ich in der Altstadt. Je neuer und grösser die Überbauung, desto anonymer ist sie in der Regel. Besteht sie vorwiegend aus Zuzügern und Pendlern, braucht es meist länger, bis Leben ins Quartier einzieht und ein Interesse am Geschehen vor Ort entsteht.
Was finden Sie attraktiv an sich?
Ich mag Menschen und Herausforderungen. Ich bin ein energischer Geist, der sich für die Sache starkmacht und sich nicht scheut, auch unbequeme Fragen zu stellen. Wichtig ist mir stets der Blick aufs Ganze und das Einbeziehen von Meinungen und Erfahrungen anderer.