Die Aargauer Regierung nimmt Stellung zu den geplanten Massnahmen des Bundes, die momentan in der Vernehmlassung sind.
Wie die Aargauer Regierung schreibt, ist sie grundsätzlich mit den vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen einverstanden. Angesichts der epidemiologischen Lage seien diese «adäquat, da damit noch schärfere Massnahmen (wie Schliessungen oder ein Lockdown) mit den entsprechenden wirtschaftlichen Folgen und allfälligen finanziellen Stützmassnahmen verhindert werden können.»
Gleichzeit ergreift er auch selber eine Massnahme: Für den Schulbetrieb gilt ab Mittwoch, 1. September, eine Maskentragpflicht in allen Schulgebäuden (inklusive Unterrichtsräume) für alle sich dort aufhaltenden Personen. Schülerinnen und Schüler bis und mit 4. Primarschulklasse sind davon ausgenommen. Von der Maskentragpflicht ausgenommen sind Sportunterricht und sportliche Aktivitäten der Schule, wobei Körperkontakt zu vermeiden und auf entsprechende Sportarten zu verzichten ist, heisst es in der Mitteilung. Überall dort, wo die Maskentragpflicht aus speziellen Gründen nicht eingehalten werden kann (zum Beispiel Verpflegung in Mensa, Instrumentalunterricht, medizinische Ausnahmen gemäss Bundesrecht), sind die Abstandsregeln wenn immer möglich einzuhalten.
Der Regierungsrat begrüsst insbesondere die zeitnahe einheitliche Einführung der Zertifikatspflicht zur Verhinderung eines föderalistischen Flickenteppichs. Die von der Erweiterung der Zertifikatspflicht zusätzlich betroffenen Betriebe benötigten eine Vorlaufzeit für die Einführung, heisst es weiter. Die Inkraftsetzung der einschlägigen Verordnungsänderungen soll deshalb frühestens auf den 6. September erfolgen.
Der Regierungsrat befürwortet auch die Zertifikatspflicht für die Innenbereiche von Restaurants, Bar- und Clubbetrieben, sowie für Veranstaltungen. Neben der Zertifikatspflicht im Innenbereich sollte auch eine Zertifikatspflicht für Betriebe, resp. Veranstaltungen, die gleichzeitig einen Innen- und einen Aussenbereich betreiben eingeführt werden, heisst es in der Stellungnahme. Positiv steht der Regierungsrat auch einer Zertifikatspflicht für Sportveranstaltungen, Fach- und Publikumsmessen, und sportlichen und kulturellen Aktivitäten in Innenräumen.
Der Regierungsrat begrüsst dagegen, dass in Betriebskantinen weiterhin keine Zertifikatspflicht gilt. Im Bereich Kultur, Unterhaltung, Freizeit gibt es einen Vorbehalt: Bei religiösen Veranstaltungen beantragt der Regierungsrat, «dass für Gottesdienste und Trauerfeiern keine Zertifikatspflicht ab 30 Personen gilt, sondern in jedem Fall nur die Abstandsregeln und die Maskenpflicht zur Anwendung gelangen.»
Ebenfalls positiv stehen die Aargauer Behörden der Kontaktdatenerhebung in Discos und Tanzlokalen gegenüber. Zudem befürworten sie die Möglichkeit des Arbeitgebers, sich die Zertifikate vorweisen zu lassen, um seine Schutzmassnahmen anzupassen. «Die Anwendung des Zertifikats im Arbeitsbereich ermöglicht den Arbeitgebern, situativ Mitarbeiter durch die Anwendung des Zertifikats von bestimmten Auflagen zu befreien.» Weiter merkt der Regierungsrat an, dass «eine explizite Regelung für interne Firmenanlässe» fehle.
Auf die Frage, ob der Kanton weitere Massnahmen als notwendig erachte, sind in der Vernehmlassungsantwort sieben Punkte aufgelistet:
Den letzten Punkt begründet die Regierung ausführlich: «Die weitgehende Ausdehnung der Zertifikatspflicht, die der Kanton Aargau umfassend unterstützt, kann zu Umsatzeinbussen bei den Unternehmen führen, für welche die Zertifikatspflicht gilt. Auch wenn diese Einbussen in der Regel weniger einschneidend sein dürften als im Falle von Betriebsschliessungen oder starken Einschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit aufgrund bisheriger Schutzmassnahmen, soll die Möglichkeit bestehen, betroffene Unternehmen mit Bundesmitteln zu unterstützen, um deren Existenz mittel- und langfristig zu sichern.»
Am Samstag und Sonntag sind im Aargau insgesamt 412 Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das sind 50 mehr als am vergangenen Wochenende. Der Regierungsrat zeigt sich in einer Mitteilung besorgt über «die stark steigenden Infektionszahlen».
Aufgrund der hohen Fallzahlen und als Folge von Mängeln beim Testmaterial ist es auch beim Testen und Contact Tracing zu einer Überlastung gekommen. Am Samstagabend gab es laut AZ-Informationen 986 infizierte Personen, die nicht tagesaktuell kontaktiert werden konnten.
Dem Regierungsrat macht aber nicht nur die Entwicklung der Fallzahlen Sorgen. Er spricht auch von einer «zunehmenden Überlastung in den Aargauer Spitälern». Am Freitag sind 81 Covid-Patientinnen und Covid-Patienten in den Aargauer Spitälern behandelt worden. 29 von ihnen lagen auf der Intensiv- oder Überwachungsstation. Am Freitag vor einer Woche waren es mit 14 halb so viele.
Bereits letzte Woche hatte das Kantonsspital Aarau (KSA) mitgeteilt, dass wieder nicht-dringende Operationen verschoben werden müssen, um genug Kapazitäten für Covid-Patienten zu haben.
Auch Todesfälle werden im Aargau wieder häufiger registriert. Letzte Woche starben vier Personen, die an Covid-19 erkrankt waren. In der Vorwoche meldete der Kanton zwei Todesfälle.
Immerhin zeigt sich beim Impfen eine positive Entwicklung: Vergangene Woche haben 9195 Aargauerinnen und Aargauer ihre erste Covid-19-Impfung erhalten. Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zur Vorwoche.
Damals wurden 6708 Personen zum ersten Mal gepikst. (nla)