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In der Migros-Filiale in Bad Zurzach gilt Bergkäse aus Adelboden noch als regional, im Coop-Supermarkt muss der Kunde bei jedem Produkt schauen, woher es kommt, und im Volg-Laden liefert der Bauer aus dem Dorf, aber die Kriterien sind unklar.
Als das Nachrichtenportal Watson am Dienstag berichtete, dass Coop Schnittlauch aus Kenia importiert, löste dies in den sozialen Medien heftige Reaktionen aus. «Total daneben», «idiotisch», «völlig krank» – so und ähnlich lauteten die Kommentare auf Facebook. Später zeigte sich, dass auch Migros kleine Mengen von Schnittlauch aus Kenia verkauft.
Die massive Kritik, die online auf die Grossverteiler einprasselte, zeigt auf: Die Kundschaft wünscht sich regionale Produkte. Darauf haben die Lebensmittelhändler mit Labels reagiert, bei der Migros «Aus der Region. Für die Region», bei Coop «Miini Region» und bei Volg «Feins vom Dorf». Doch was heisst eigentlich regional, woher kommen die Produkte, die im Aargau unter diesen Labels verkauft werden? Das ist von Anbieter zu Anbieter verschieden, wie eine Auswertung der Stiftung für Konsumentenschutz (Resultate siehe in der Galerie) und eine Umfrage der AZ zeigen.
«Die Migros Aare führt im Supermarkt-Sortiment über tausend Artikel aus den Kantonen Aargau, Bern und Solothurn, die sämtliche Bedingungen für das Label ‹Aus der Region. Für die Region.› erfüllen», sagt Andrea Bauer, Mediensprecherin bei Migros Aare. Rohprodukte wie Milch, Eier oder Früchte mit dem Regio-Label stammen zu 100 Prozent aus dem Genossenschaftsgebiet der Migros Aare. Bei verarbeiteten Produkten wie Wurstwaren müssen laut Bauer die Hauptzutat und 80 Prozent der übrigen Zutaten aus der Region stammen. Zudem müssen zwei Drittel des Wertschöpfungsanteils in den Kantonen Aargau, Solothurn oder Bern erwirtschaftet werden.
Die Richtlinien sind also klar, doch kann ein Produkt auch in der Migros- Filiale Bad Zurzach als regional gelten, wenn es zum Beispiel aus dem Berner Oberland kommt? Ja, sagt Mediensprecherin Bauer und erklärt: «Unser Wirtschaftsgebiet erstreckt sich über die Kanton Aargau, Solothurn und Bern, dies wurde als Region für unser Label definiert und auch immer so kommuniziert.»
Die Migros sei überzeugt, dass ihre Regionen im Kontext der Globalisierung auch bezüglich Grösse glaubwürdig seien. Hier setzt die Stiftung für Konsumentenschutz ein Fragezeichen, weil die Genossenschaften der Migros sehr unterschiedliche Grössen aufweisen. Bauer betont: «Wir sind und waren immer sehr transparent, was die Bezeichnung unserer Region angeht.» Die Entscheidung, ob sich ein Kunde im Aargau für ein Produkt mit Regional-Label aus dem Berner Oberland entscheidet, liege bei ihm.
«Wir führen das Gütesiegel ‹Miini Region› seit März 2014», sagt Coop-Sprecher Ramon Gander. Schweizweit werden unter diesem Label über 3000 Produkte verkauft, die in der Nähe der jeweiligen Verkaufsstellen angebaut und verarbeitet werden. Die Kriterien sind ähnlich wie bei der Migros. Bei verarbeiteten Produkten müssen alle Arbeitsschritte, welche massgebliche Eigenschaften und Charakteristik des Produkts bestimmen sowie mindestens zwei Drittel der Wertschöpfung generieren, innerhalb der definierten Region erfolgen. Bei Blumen und Pflanzen sowie Früchten und Gemüsen muss laut Ramon Gander mindestens 80 Prozent des Pflanzenwachstums in der Herkunftsregion erfolgen.
Diese ist aber nicht für alle Produkte einheitlich definiert, was die Stiftung für Konsumentenschutz als «willkürlich und nicht nachvollziehbar» kritisert. Gander verteidigt die Praxis von Coop und erklärt, bei der Definition der Region richte man sich nach der Kundenwahrnehmung. «Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine starre Regelung wie zum Beispiel eine definierte Distanz, Kantone oder Coop-Verkaufsregionen keinen Sinn macht, weil die Situation bei jedem Produkt anders ist.» In der Praxis sei die Herkunftsregion der «Miini-Region»-Produkte meistens relativ klein. So würden unter diesem Label zum Beispiel Honig aus einem Tal oder Würste aus einem Naturpark verkauft. Produzent und Herkunftsort seien zudem stets transparent auf der Verpackung oder der Produktetikette deklariert.
«Unter der Bezeichnung ‹Feins vom Dorf› sind in allen Volg-Läden lokale Produkte und Spezialitäten erhältlich, die direkt aus dem Dorf oder einem Nachbardorf stammen.» Das steht in einer Mitteilung, die Volg verschickt hat, um auf den «Feins vom Dorf»-Tag von morgen Samstag aufmerksam zu machen. Hinter dem Konzept «Feins vom Dorf» stehen über 3000 lokale Produzenten, denen Volg seit Jahren eine Verkaufsplattform bietet. Einige davon werden morgen auch in den insgesamt 104 Volg-Läden im Aargau vor Ort sein und interessierten Kunden Auskunft über ihre Produkte geben.
Welche dies sind, ist von Laden zu Laden verschieden, wie Tamara Scheibli, Leiterin Kommunikation bei Volg, auf Anfrage sagt. «Die Ladenleitungen in den Dörfern entscheiden selbstständig über ihr ‹Feins vom Dorf›-Sortiment, da sie die Produzenten am besten kennen.» Scheibli sagt, den geografischen Rahmen habe Volg bei diesem Label bewusst eng gesetzt. «Wir sprechen auch stets von lokalen und nicht von regionalen Produkten.»
Die Stiftung für Konsumentenschutz schreibt zum «Feins vom Dorf»-Label, dieses sei schwierig zu beurteilen, weil Volg «die Richtlinien dafür trotz mehrmaliger Nachfrage nicht zur Verfügung stellte». Zudem würden die entsprechenden Produkte weder zertifiziert noch unabhängig kontrolliert. Volg-Sprecherin Scheibli sagt, die Lebensmittel mit dem lokalen Label würden «direkt vom Produzenten in den jeweiligen Laden geliefert». Das «Feins vom Dorf»-Sortiment sei seit Jahren fester Bestandteil der Volg-Dorfläden und Ausdruck der lokalen Verwurzelung – auch im Aargau.
So liefert Andrea Bossard aus Herznach Butterzöpfe in den Volg in ihrem Dorf, Claire Ackle aus Herznach bringt Brot, Sirup und Konfitüren in die lokale Filiale, Bruno Hartmann aus Remigen verkauft seinen Wein im Dorfladen, und der Volg Bettwil führt Teigwaren aus der dorf-eigenen Produktion von Edith Huber.