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Beim Verband Säckingen des Deutschen Roten Kreuzes besteht der Verdacht auf Impferschleichung – die Verantwortlichen wehren sich.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist deutschlandweit bei der Planung, dem Aufbau und Betrieb der Impfzentren beteiligt. Nun wird dem DRK-Kreisverband Säckingen vorgeworfen, Führungskräfte ohne Patientenkontakt gegen das Coronavirus geimpft zu haben.
«Uns ging es mit den Impfungen um die Sicherstellung der Notfallrettung», sagt Petra Naylor, Geschäftsführerin des Kreisverbands. Die Personalsituation im Rettungsdienst sei angespannt. Auch das mögliche Scheitern einer Tarifverhandlung hätte die Personalsituation verschärfen können – Streikankündigungen der Gewerkschaft lagen laut Naylor bereits vor.
«Fünf Personen aus der Führungsriege kamen als Notfallreserve in Frage», sagt Naylor, darunter sie selbst. Drei Personen erhielten letztendlich eine Impfung. An der Entscheidung Ende Januar seien mehrere Personen beteiligt gewesen. Naylor betont, dass das Vorgehen «völlig transparent» gewesen sei. Das DRK Säckingen habe sich auf die Coronaverordnung bezogen. Darin heisst es sinngemäss: Wer in Bereichen medizinischer Einrichtungen tätig und dort einem sehr hohen Risiko in Bezug auf das Coronavirus ausgesetzt ist – zum Beispiel in Rettungsdiensten –, hat Anspruch mit höchster Priorität auf eine Schutzimpfung.
Erst am 8. Februar habe das DRK Impfbescheinigungen vom Sozialministerium Baden-Württemberg erhalten, die ein Umdenken auslösten. Dort sei nämlich das Wort «regelmässig» aufgetaucht. Und regelmässig ist die Notfallreserve nicht im Einsatz. «Daher würden wir aus heutiger Sicht die Impfentscheidung nicht mehr treffen», sagt Petra Naylor.
Der Vorsitzende des DRK-Kreisverbands Säckingen, Peter Hofmeister, sieht es ähnlich: «Das Timing war schlecht.» Wäre die Impfbescheinigung eine Woche früher gekommen, hätten Naylor und ihre Kollegen keine Impfungen erhalten. «Trotzdem hat das nichts mit Impferschleichung zu tun», sagt Hofmeister. «Wir haben nichts verheimlicht und unsnichtstrafbar gemacht.» Er spricht von einer Grauzone.
Markus Jox, Sprecher des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg, sieht hingegen wenig Raum für Interpretationen: «Die Coronaverordnung ist eindeutig.» In Spitälern hätten auch nicht alle Mitarbeiter Anspruch auf eine Impfung. Dass übrig gebliebene Impfstoffe am Ende eines Arbeitstages auch mal an weniger hoch priorisierte Zielgruppen gehen, komme vor. «Wir können von Stuttgart aus nicht jeden Einzelfall beurteilen», sagt Jox. Vom DRK-Kreisverband Säckingen habe die Pressestelle erst aus den Medien erfahren und könne den Fall daher noch nicht bewerten.
Ins Rollen gebracht hatte die Geschichte ein anonymer Brief aus den Reihen des Kreisverbands. Eine Betriebsversammlung und ein Dialog mit dem Betriebsrat sollen nun möglichen Unmut innerhalb der Belegschaft auflösen. «Niemandem wurde eine Impfung weggenommen», sagt Hofmeister. Die Impfplätze für den DRK-Rettungsdienst konnten demnach wegen kurzfristiger interner Absagen nicht gefüllt werden. Dass der Vorfall für die Aussenwirkung fatal sei, weiss aber auch Hofmeister. «Die Leute sind schon am Anschlag wegen der Impfstoffknappheit und jetzt kommt so was ausgerechnet vom Roten Kreuz.»